Deponie und Doppelspurausbau: Lottstetten sucht Unterstützung und Transparenz
Die Dimension dieses Vorhabens wird erst vor Ort richtig greifbar. Bei einem Gespräch mit Bürgermeister Andreas Morasch, der SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Christine Hipwell und Michael Pfisterer haben wir die geplante Deponie Bleiki besichtigt. Der Weg dorthin führt durch dichte Wälder und entlang historischer Grenzsteine, die die alte Grenze zwischen dem Großherzogtum Baden und dem Kanton Zürich markieren. Als die Gruppe schließlich die große Lehmgrube erreicht, wird der Umfang des Projekts für alle sichtbar. So eine Deponie ist keine Schoggi-Fabrik. Einwände und Bedenken müssen ernst genommen werden – die Gefahr und Betroffenheit endet nicht an der Landesgrenze.
Der Besuch ist Teil eines umfassenden Gesprächs, das zuvor im Rathaus von Lottstetten stattfand. Dort wurden die beiden großen Herausforderungen der Gemeinde besprochen: die geplante Deponie direkt an der Grenze und der Doppelspurausbau der Bahnstrecke Schaffhausen–Zürich.
Gefahrstoffe an der Grenze: Deponie Bleiki
Die Deponie Bleiki in Rafz sollen über 33 Jahre hinweg hochgefährliche Stoffe u.a. Asbest und Schlacken im Erdreich entsorgt werden. Die Gemeinde Rafz wird dafür mit ca. 26 Millionen Schweizer Franken entschädigt – ein Betrag, der möglicherweise Bedenken auf Schweizer Seite gemildert hat. Doch auf der deutschen Seite, nur rund 400 Meter von der Wohnbebauung in Lottstetten entfernt, überwiegen die Sorgen.
„Es kann nicht sein, dass wir als direkte Nachbarn nicht informiert und beteiligt werden“, kritisiert Bürgermeister Morasch. Tatsächlich erfuhr Lottstetten nur durch Zufall von den Plänen, während die Schweizer Bevölkerung umfassend informiert wurde. Ich fordere daher eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung. Man stelle sich vor, wir würden ein solches Projekt umgekehrt genauso handhaben.
Die Belastungen für die Gemeinde könnten erheblich sein: Neben den Gefahren durch die gelagerten Stoffe wird auch mit Lärm und Staub während der Bauphase gerechnet. Lottstetten hat daher das Regierungspräsidium Freiburg und das Umweltministerium Stuttgart eingeschaltet und wird bis zum 13. März eine Stellungnahme abgeben. Die Unterstützung durch Fachanwälte und Gutachter ist bereits angelaufen.
Doppelspurausbau: Belastung für Lottstetten
Neben der Deponie plant die Schweizerische Bundesbahn (SBB) den Ausbau der Bahnstrecke Schaffhausen–Zürich, die durch Lottstetten führt. Die Strecke ist eine wichtige Verbindung für den internationalen Güter- und Personenverkehr, doch die Pläne belasten die Gemeinde stark. Geplant sind bis zu 15 Meter hohe Stützmauern, die direkt in den Gärten der Anwohner stehen würden. Der Ausbau soll nach den Plänen der SBB unter Volllast erfolgen. Das bedeutet, dass der Bahnverkehr während der Bauphase nicht gestoppt wird – Züge fahren weiterhin durch Lottstetten, während parallel massive Bauarbeiten stattfinden.
Bürgermeister Morasch schildert die Folgen: „Die Anwohner müssen mit einer extremen Belastung durch Baulärm und Vibrationen rechnen. Das Leben in den betroffenen Gebieten wird während der drei Jahre Bauzeit fast unmöglich sein.“ Viele Bewohner könnten gezwungen sein, ihre Häuser vorübergehend zu verlassen. „Das ist für unsere Bürger unzumutbar“, betont Morasch.
Die Gemeinde fordert Alternativen, um das Siedlungsgebiet zu entlasten. Morasch plädiert außerdem für eine Vollsperrung der Strecke während der Bauzeit: „Eine Sperrung würde die Bauzeit verkürzen und die Belastung für unsere Bürger deutlich reduzieren.“
Auch ich finde, dass die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene wichtig ist, aber die Schweiz ihre Probleme nicht auf Kosten deutscher Gemeinden lösen darf.
Die Gemeinde hat bereits einen hohen sechsstelligen Betrag in Gutachten und juristische Unterstützung investiert, um die Alternativen zu untermauern. Es wird demnächst eine von der Gemeinde Lottstetten organisierte Bürgerinformationsveranstaltung zum Doppelspurausbau geben.
Positive Entwicklungen: Glasfaser und Wohnraum
Neben den Herausforderungen konnte Bürgermeister Morasch auch von positiven Entwicklungen berichten. So befindet sich ein Projekt für bezahlbaren Mietswohnraum mit 38 Wohnungen auf der Zielgeraden – ein Vorhaben, das Schwarzelühr-Sutter ausdrücklich lobte. „Es ist ein starkes Zeichen, dass Lottstetten sich aktiv um bezahlbare Mietswohnungen kümmert.“
Auch das Glasfaserprojekt, das bis 2026 abgeschlossen sein soll, zeigt den Innovationsgeist der Gemeinde. Mit Gesamtkosten von 13 Millionen Euro, von denen der Bund 6,5 Millionen Euro übernimmt, setzt Lottstetten das Projekt in Eigenregie um. Weitere Fördermittel aus Baden-Württemberg werden erwartet.
Ein Appell für grenzüberschreitende Lösungen
Es geht darum, Lösungen zu finden, die die Interessen der Bürger in der Grenzregion respektieren. Die Belastungen dürfen nicht einseitig zu Lasten von Lottstetten gehen. Die Besichtigung vor Ort hat den Eindruck hinterlassen, dass diese Projekte nicht nur planerisch, sondern vor allem menschlich durchdacht werden müssen. Lottstetten sucht Lösungen – und setzt dabei auf Unterstützung von Bund und Land.