ENSI sollte Sicherheitsbedenken der neuen Studie zum AKW Leibstadt rasch prüfen

Der deutsche Reaktorsicherheitsexperte Prof. Dr. Manfred Mertins von der TU Brandenburg kommt in einer am 2. November 2021 veröffentlichten  Studie, die er im Auftrag der Schweizerischen Energiestiftung (SES) erstellt hat, zum Ergebnis, dass das Atomkraftwerk Leibstadt den heutigen Sicherheitsansprüchen für einen Langzeitbetrieb nicht genügt. Die neue Studie weist auf gravierende Sicherheitsdefizite und Abweichungen zum internationalen Stand von Wissenschaft und Technik hin. In einer ersten Reaktion fordert die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter die Schweizer Atomaufsicht ENSI auf, die Ergebnisse der Studie rasch zu überprüfen. Sie bekräftigte zugleich ihren Wunsch nach grenzüberschreitenden  Umweltverträglichkeitsprüfungen für die geplanten Laufzeitverlängerungen der schweizerischen Atomkraftwerke. Rita Schwarzelühr-Sutter: „Die Sicherheit muss auf beiden Seiten des Rheins das wichtigste Ziel sein“.

„Ich respektiere den Grundsatz der nationalen Energiesouveränität, aber in den  grenznahen Regionen sind viele Menschen beiderseits des Rheins besorgt über den Betrieb der alten Atomkraftwerke im Nachbarland. Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger müssen wir sehr ernst nehmen und deshalb die neue Studie zur Sicherheit des Atomkraftwerks Leibstadt in der Deutsch-Schweizerischen Kommission auf die Tagesordnung setzen“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete  weiter.

Leibstadt ist das jüngste der Schweizer Atomkraftwerke, und nach dem Willen der Betreiber sollen die Anlagen in Beznau, Gösgen und Leibstadt nicht nur 50, sondern sogar 60 Jahre und länger laufen. Zum Vergleich: Beim Ausstiegsbeschluss in Deutschland wurde eine Regellaufzeit von 32 Jahren zugrunde gelegt. „Ich erwarte, dass sich die Schweizer Atomaufsicht jetzt schnell mit den Ergebnissen der Studie von Professor Martin Mertins auseinandersetzt“, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter mit Blick auf die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der neuen Studie.

Deutschland hat sich in den letzten Jahren wiederholt an die Schweizer Regierung gewandt und darauf hingewiesen, dass es für viele Menschen in der Grenzregion ein willkommenes Signal wäre, wenn das Nachbarland Klarheit schaffen würde, wann in der Schweiz das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen wird. „Deutschland wird weiter nachdrücklich bei der Schweiz dafür werben, den Ausstieg zeitnah zu verwirklichen. Besonders wichtig aber ist mir, dass bei Laufzeitverlängerungen Transparenz hergestellt wird. Die Beteiligungsmöglichkeiten der angrenzenden Staaten und deren Bevölkerung müssen gewahrt werden. Das Mindeste ist aus meiner Sicht eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung“, so die Bundestagsabgeordnete weiter.

Dank zielstrebiger Verhandlungen zur Espoo-Konvention sei es unter der  deutschen EU-Ratspräsidentschaft im vergangenen Dezember gelungen, einen völkerrechtlich verbindlichen Leitfaden über grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) zu verabschieden. Dieser Leitfaden stelle klar, unter welchen Voraussetzungen bei Laufzeitverlängerungen eine UVP geprüft und durchgeführt werden muss. Dieser Leitfaden mache die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum allgemeinen Maßstab auch für Nicht-EU-Mitglieder mit alten AKW.

Das deutsche Umweltministerium hat mit allen Nachbarstaaten, die AKW betreiben, bilaterale Nuklearkommissionen eingerichtet – auch mit der Schweiz. In diesem Gremium findet ein regelmäßiger Austausch zur nuklearen Sicherheit und zum Strahlenschutz statt. „Dieser kontinuierliche Austausch schafft Vertrauen – unverzichtbar für eine effektive nachbarschaftliche Zusammenarbeit. Diese Kooperation will ich gefestigt sehen“, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter.

Die Studie zum Nachlesen gibt es hier bei der Schweizerischen Energiestiftung.