Noch sind viele Fragen ohne Antwort

„Unbeantwortet sind viele Fragen zu den radiologischen Auswirkungen des atomaren Tiefenlagers auf die Menschen, die grenzüberschreitende Umwelt und die Trinkwasserversorgung“, sagt die Waldshuter Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) in einem ersten Statement zu der jetzt bekannt gewordenen Standortauswahl der Nagra für das schweizerische Atom-Endlager in der Region ‚Nördlich Lägern‘ – direkt gegenüber der deutschen Gemeinde Hohentengen: „Wenn sich die Nagra nun doch für „Nördlich Lägern“ als Standort für das atomare Endlager der Schweiz entschieden hat, ist das eine einigermaßen überraschende Wendung, nachdem dieser Standort zuletzt zurückgestellt worden war. Neue Erkenntnisse, die jetzt zur Entscheidung geführt haben, werden wir sorgfältig prüfen. Der Standort für ein Endlager muss der sicherste sein. Ein anderes Kriterium darf es bei der Auswahl des Ortes nicht geben, an dem für eine Million Jahre hochradioaktives Material eingegraben wird.

Analysiert und verglichen wurden an den drei zuletzt noch favorisierten Standorten in der Schweiz bisher nur die geologischen Voraussetzungen, nicht aber die Umweltverträglichkeit. Die entsprechende Prüfung muss es für den jetzt ausgewählten Standort ‚Nördlich Lägern‘ während des Genehmigungsverfahrens geben. Ich hatte erwartet, dass es bereits im Rahmen des Auswahlverfahrens zu einer vergleichenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für alle drei potentiellen Standorte kommt.

Mit der Entscheidung für ‚Nördlich Lägern‘ werden die Voraussetzungen geschaffen, den gesamten schwach- bis hochradioaktiven Abfall der Schweiz an einem einzigen Ort einzulagern. Das schließt auch den radioaktiven Abfall ein, der beim Rückbau der Atomkraftwerke entstehen wird. Damit verbunden sind Transporte und Aufbereitungsverfahren, die vor der Einlagerung an der Oberfläche stattfinden und damit besonderen Risiken ausgesetzt sind. Jeder Transport zwischen einer Oberflächenanlage und dem Endlager ist ein radiologisches Risiko, das bei der Bewertung der Gefahren für die Menschen, die Umwelt und das Trinkwasser ebenso mitbetrachtet werden muss wie die direkten Auswirkungen des eingelagerten Atomabfalls auf die auch noch für die nächsten 30.000 Generationen wichtigen Ressourcen.

Die geologische Abwägung des Endlagerstandorts ist aus meiner Sicht die Grundvoraussetzung für die Standortauswahl, aber bis zur endgültigen Standortgenehmigung werden noch viele Fragen zu beantworten sein. Wie viele Jahre wird es dauern, bis das gesamte radioaktive Material in der Erde eingelagert ist? Wie viele Transporte werden es sein? Um welche Mengen geht es Ende wirklich – denn es macht einen großen Unterschied, ob man das Abfallvolumen heute konkret beziffern kann, weil man den Atomausstieg beschlossen hat, oder ob man durch AKW-Neubauten weiteren radioaktiven Müll produziert.“