Rita Schwarzelühr-Sutter – Newsletter 10/2021

Das Recht der Beschäftigten, im Unternehmen mitzubestimmen, wird zunehmend in Frage gestellt. Nun sollen die Betriebsräte gestärkt und fit für die Zukunft gemacht werden. Die Verbesserungen im Überblick.

„Überall, wo es Betriebsräte und mit ihnen betriebliche Mitbestimmung gibt, ist Arbeit sicherer und besser geschützt. Aber betriebliche Mitbestimmung fällt nicht vom Himmel, sondern musste und muss weiter hart erkämpft werden. Und sie wird immer noch fast täglich in Frage gestellt und Mitbestimmungsrechte unterlaufen oder Mitbestimmung gar aktiv verhindert“, sagt Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Deshalb setzt sich die SPD-Fraktion dafür ein, dass diejenigen, die einen Betriebsrat gründen wollen, besser geschützt werden und mehr Rechte bekommen. Dazu hat Arbeitsminister Hubertus Heil ein Gesetz zur Betriebsrätemodernisierung entworfen, das der Bundestag in dieser Woche verabschiedet hat.

Das sind die wichtigsten Verbesserungen:

Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens

Betriebsratswahlen sind zentral für die Legitimation der Betriebsräte. Für kleinere Betriebe gibt es ein vereinfachtes Wahlverfahren, es ist schneller und braucht weniger Formalitäten. Dieses vereinfachte Verfahren sollen mehr Beschäftigte und Betriebe nutzen können: Denn die Erfahrungen in den Betrieben, die das vereinfachte Verfahren nutzen, zeigen: Es macht Betriebsratsgründungen leichter. Zudem wird durch eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre dafür gesorgt, dass auch jugendliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei den Betriebsratswahlen wahlberechtigt sind.

Einfacher Wahlvorschläge machen

Damit wahlberechtigte Arbeitnehmer*innen Wahlvorschläge zur Wahl eines Betriebsrats machen können, müssen Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Um künftig mehr Beschäftigte zu motivieren, sich zur Wahl zu stellen, werden die Schwellen zur Aufstellung eines Wahlvorschlages gesenkt. So müssen in Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten keine Unterschriften mehr vorliegen, in Betrieben mit mehr als 20 bis 100 Beschäftigten reichen künftig schon zwei unterstützende Unterschriften. Bei größeren Betrieben muss jeder zwanzigste Wahlberechtigte seine Unterstützung dokumentieren, 50 Unterschriften reichen immer.

Mehr Schutz für Betriebsratsgründer*innen vor Kündigungen

Gerade bei Neugründungen von Betriebsräten wird immer wieder versucht, eine Wahl zu verhindern und Initiator*innen zu kündigen. In einer Befragung hauptamtlicher Gewerkschafter (IGM, IGBCE, NGG) gab es bei jeder siebten erstmaligen Betriebsratswahl Behinderungsversuche durch den Arbeitgeber. Deshalb soll es mehr Schutz für die Betriebsratswahl geben, insbesondere vor Kündigungen.

Bisher gibt es nur für die ersten drei Personen, die zu einer Wahlversammlung einladen, einen Kündigungsschutz vor ordentlichen Kündigungen. Künftig sollen es sechs Personen sein. Vorbereitungen zu einer Betriebsratswahl und die Versuche, Betriebsratswahlen zu behindern, beginnen aber schon, bevor überhaupt eine Einladung versandt wird.

Daher sollen auch in dieser Vorfeld-Phase Initiator*innen vor ordentlichen verhaltens- und personenbedingten Kündigungen geschützt sein, wenn sie eine beglaubigte Erklärung abgeben, dass sie einen Betriebsrat gründen wollen und mit Vorbereitungen zur Gründung eines Betriebsrats beginnen.

Mehr Mitbestimmung bei Weiterbildung

Die SPD-Fraktion will die Rechte der Betriebsräte bei der Weiterbildung stärken und das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte für Weiterbildung verbessern: Bei Fragen der Berufsbildung soll nicht nur mit dem Arbeitgeber beraten werden können, sondern es müssen sich beide Seiten auch auf konkrete Weiterbildungsmaßnahmen einigen. Gelingt ihnen keine Einigung, kann jede Seite die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen, um eine Einigung zu erzielen.

Mehr Mitbestimmung bei Anwendungen von künstlicher Intelligenz im Betrieb

Künstliche Intelligenz (KI) kann bei der Personalauswahl, aber auch bei Arbeitsverfahren und -abläufen eingesetzt werden. Es soll daher klargestellt werden, dass der Betriebsrat bei Auswahlrichtlinien für Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen sowie bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen unverändert mitzubestimmen hat, auch wenn KI genutzt wird.

Mehr Mitbestimmung bei mobiler Arbeit

Um betriebliche Regelungen zur mobilen Arbeit zu fördern, schaffen wir ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit. So können die Betriebsräte für einen einheitlichen und verbindlichen Rechtsrahmen bei mobiler Arbeit eintreten, um die Interessen der Beschäftigten zu stärken.

Die SPD-Fraktion konnte zudem durchsetzen, dass mit einer ergänzenden Regelung der gesetzliche Unfallversicherungsschutz im Homeoffice verbessert wird. Der Unfallversicherungsschutz wird erweitert für privat veranlasste Wege im Homeoffice während der Arbeitszeit, auch der Weg zu/von der Kinderbetreuungseinrichtungen ist bei Tätigkeit im Homeoffice geschützt.

Das Urheberrecht wurde angepasst, damit Künstler:innen für digitale Verwertungen ihrer Werke angemessenen bezahlt werden.

Der Bundestag hat neue Regeln beschlossen, mit denen das Urheberrecht auf die Anwendung im Internet angepasst wird. Künftig haften Betreiber von Plattformen für Inhalte ihrer Nutzer urheberrechtlich, wenn diese geschützte Werke wie Bilder, Texte oder Videos hochladen.

„Die Koalitionsfraktionen haben eine Einigung für ein ausgewogenes und modernes Urheberrecht erzielt, damit Künstler für digitale Verwertungen ihrer Werke angemessenen bezahlt werden. Dabei ist uns ein fairer Ausgleich aller Interessen gelungen“, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat noch einmal deutliche Verbesserungen für die Künstlerinnen und Künstler erreicht. Sie haben jetzt verbesserten Anspruch auf Auskunft über den Umfang, in dem Plattformen und Streamingdienste ihre Werke nutzen und die Erträge daraus. Dadurch wird die gesamte Verwertungskette transparenter, so dass Künstlerinnen und Künstler angemessene Vergütungen durchsetzen können.

Um zu verhindern, dass Künstlerinnen und Künstler, die Vergütungen einklagen, auf einer schwarzen Liste landen, hätte die SPD-Fraktion gerne ein Verbandsklagerecht gegen unangemessen niedrige Vergütungen eingeführt. Das war mit der Union leider nicht zu machen.

Für Nutzerinnen und Nutzer hat die SPD-Fraktion erreicht, dass die gängigen Nutzungsformen wie zum Beispiel Karikatur und Parodie ohne besondere Zweckbindung erlaubt bleiben. Zudem wurde auf Druck der SPD-Fraktion die Vergütungspflicht für gesetzlich erlaubte Zitate wieder gestrichen und die Haftungsregelungen für Plattformen so verändert, dass kein Anreiz entsteht, im Streitfall lieber zu blockieren als einen Inhalt online zu belassen.

Die Corona-Pandemie hat noch einmal deutlich gezeigt, wie wichtig digitales Lernen ist. Die SPD-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass Schulen und Universitäten urheberrechtlich geschützte Werke auch künftig für Lehre und Forschung nutzen können. Die entsprechende Schrankenregelung für Forschung und Bildung drohte 2023 auszulaufen. Es wird zudem einen Anspruch auf Zugang zu Daten von Plattformen für die Forschung eingeführt.

Premiuminhalte wie Liveübertragungen von Fußballspielen fallen für die Dauer der Live-Übertragung nicht unter die Regelungen zu mutmaßlich erlaubten Nutzungen und können somit wie bisher weiter exklusiv vermarktet werden. Die Forderung der SPD-Fraktion, die Ausnahme für Live-Sportevents auf wenige Stunden nach Ende der Live-Übertragung zu erweitern, hat die Union abgelehnt.

Nach dem Finanzskandal um den mittlerweile insolventen Zahlungsabwickler Wirecard hat der Bundestag neue Regeln für die Wirtschaftsprüfer und die Finanzaufsichtsbehörde BaFin beschlossen.

Mit dem Finanzmarktintegrationsstärkungsgesetz (FISG) werden gesetzgeberische Konsequenzen aus dem Skandal gezogen. Die Strukturen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) werden gestrafft, die Haftung der Wirtschaftsprüfer deutlich verschärft und die Bilanzkontrolle einstufig organisiert.

„Das FISG ist das erste Gesetz, mit dem Konsequenzen aus dem Wirecard-Betrugsskandal gezogen werden. Wir geben der künftigen BaFin-Leitung mehr Kompetenzen und stärken den finanziellen Verbraucherschutz. So erhält die Finanzaufsicht nochmal deutlich mehr Biss“.

Eine zentrale Rolle im Wirecard-Skandal nehmen die Wirtschaftsprüfer ein. Deshalb werden nun die Rotationsfristen verkürzt und die Haftung für fehlerhaftes Verhalten verschärft. So wird, wie in anderen großen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, gegenüber Unternehmen von öffentlichem Interesse die unbeschränkte Haftung bei grober Fahrlässigkeit eingeführt.

Weil der Bundesfinanzminister und die SPD-Fraktion im Bundestag im Sommer 2020 auf gesetzliche Änderungen gedrängt haben, konnte das Gesetz jetzt auf den Weg gebracht werden. In den parlamentarischen Beratungen wurden noch Erkenntnisse aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses eingearbeitet. So wird die Abschlussprüferaufsichtsstelle der Wirtschaftsprüfer (APAS) zu mehr Transparenz und besserer Kommunikation verpflichtet.

Die Finanzaufsicht ist zukünftig direkt für die Bilanzkontrolle zuständig. Die sogenannte Bilanzpolizei ist Geschichte und wird in die BaFin integriert. Damit kann sie künftig eigenständig forensische Prüfungen durchführen.

Darüber hinaus fordert die SPD-Bundestagsfraktion die Bundesregierung auf, in allen Bundesoberbehörden wirksame Integritäts-Regelungen für Finanzgeschäfte ihrer Beschäftigten einzuführen. Durch klare Regelungen muss insbesondere bei finanzmarktsensiblen Informationen auch nur der Anschein einer Vorteilsnahme ausgeschlossen werden.

Das Töten von Küken in der Hühnerhaltung wird ab 2022 verboten. Die SPD-Fraktion hat sich dabei gegen die Union durchgesetzt, die an einer Vereinbarung mit der Geflügelindustrie festgehalten hatte.

Beim Erbrüten von Legehennen schlüpfen jedes Jahr in Deutschland rund 45 Millionen männliche Küken. Die große Mehrheit davon wird direkt nach dem Schlüpfen getötet, da sie keine Eier legen und nicht als Masttiere verwendet werden können. Dem wird nun ein Riegel vorgeschoben: Der Bundestag hat in dieser Woche ein Gesetz verabschiedet, das das Töten von Küken in der Hühnerhaltung ab 2022 verbietet. Die SPD-Fraktion hat sich dabei gegen die Union durchgesetzt, die bis zum vorigen Jahr an einer freiwilligen Vereinbarung mit der Geflügelindustrie festgehalten hatte.

Als Alternative zum Kükentöten gibt es verschiedene Verfahren, mit deren Hilfe das Geschlecht eines Kükens bereits vor dem Schlüpfen bestimmt werden kann. Um Schmerzen für das Kükenembryo im Ei auszuschließen, sieht der Entwurf darüber hinaus vor, dass ab 2024 die Geschlechtsbestimmung im Ei und die Abtötung der männlichen Embryonen ab dem 7. Bruttag verboten wird.

 


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