Rita Schwarzelühr-Sutter – Newsletter 13/2021

Ab 2026 soll der Anspruch auf acht Stunden Betreuung am Tag in Kraft treten. Er verbessert die Chancengleichheit aller Kinder und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bund und Länder haben sich am Montagabend im Vermittlungsausschuss auf die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen geeinigt. Das sind gute Nachrichten für die Familien in Deutschland. Eine gut funktionierende Kinderbetreuung ist doppelt wichtig – für die Chancengleichheit aller Kinder und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Genau deshalb war der Rechtsanspruch im Koalitionsvertrag verankert worden.

Der neue Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen knüpft an den 2013 in Kraft getretenen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz an und soll ab 2026 gestuft in Kraft treten. Ab dem Schuljahr 2026 soll er in jedem neuen Schuljahr für alle Erstklässler gelten, die diesen bis zur vierten Klasse behalten – so dass dann ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassen eins bis vier einen Anspruch auf acht Stunden Betreuung pro Tag hat.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sprach von einem „großen Fortschritt für Kinder und Familien“. Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte, es handele sich um eine wichtige Weichenstellung für mehr Bildungsgerechtigkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Der Bundesrat hatte hierzu den Vermittlungsausschuss angerufen. Mit der gefundenen Einigung soll das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten. Der Bundestag hat der Einigung am Dienstag zugestimmt. Der Bundesrat soll am Freitag beschließen.

Um diese Einigung wurde hart gerungen. Am Ende steht ein großer Erfolg für die SPD-Bundestagsfraktion – und ein großer Fortschritt für Kinder und Familien in diesem Land, die gerade in den letzten Monaten der Pandemie erhebliche Lasten getragen haben.

Der Kompromiss enthält folgende zentrale Punkte:

  • Der Bund beteiligt sich wie geplant mit einem Festbetrag von maximal 3,5 Milliarden Euro an den Investitionen der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände zum quantitativen und qualitativen Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote. Die Förderquote des Bundes liegt bei höchstens 70 Prozent. Das trägt zugleich der Tatsache Rechnung, dass neue Schätzungen von einem rund 25 Prozent niedrigeren Bedarf an Schulplätzen ab 2030 ausgehen als geplant.
  • Mit den Investitionshilfen müssen nicht mehr zwingend zusätzliche Plätze geschaffen werden. Förderfähig sind Investitionen für den Neubau, den Umbau, die Erweiterung, die Ausstattung sowie die Sanierung der Infrastruktur für Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter.
  • Künftig können die Eigenmittel freier Träger auf den Finanzierungsanteil der Länder angerechnet werden.
  • Der Bund beteiligt sich an den Betriebskosten der Ganztagsbetreuung ab 2026 aufwachsend auf 1,3 Milliarden Euro ab 2030.
  • Zum 31.12.2027 und zum 31.12.2030 wird es eine Evaluierung der Investitions- und laufenden Betriebskosten zwischen Bund und Ländern geben. Davon ausgehend werden Bund und Länder „unter Beachtung der Aufgabenverantwortung Mehrbelastungen und Minderbelastungen“ angemessen ausgleichen.

Der Bundestag hat die Errichtung der „Aufbauhilfe 2021“ beschlossen. Das Gesetz ermöglicht einen schnellen Wiederaufbau und setzt die Insolvenzantragspflicht aus. Durch Starkregenfälle und Hochwasser im Juli 2021 sind in einigen Regionen im Südwesten des Landes enorme Schäden bei Privathaushalten, Unternehmen und der Infrastruktur entstanden. Die erheblichen Kosten für die Beseitigung der Schäden und den Wiederaufbau werden der Bund und alle Länder solidarisch gemeinsam tragen. Dazu haben die Koalitionsfraktionen das Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ in einer Sondersitzung beschlossen.

Der Aufbaufonds wird durch den Bund mit bis zu 30 Milliarden Euro ausgestattet. Die Kosten für die Wiederherstellung der Infrastruktur des Bundes in Höhe von 2 Milliarden Euro trägt der Bund alleine. Die übrigen 28 Milliarden Euro teilen sich Bund und Länder.

Das Gesetz enthält außerdem neue Regelungen zum Pfändungsschutz von Hochwasser-Soforthilfen. Ziel ist es, dass die Geschädigten ihr Geld auch bei gepfändeten Bankkonten bekommen. Und es wird geregelt, dass für Unternehmen in den betroffenen Regionen die Frist für die Stellung eines Insolvenzantrags bis Ende Januar 2022 ausgesetzt wird – so wie es bereits in der Pandemie galt. Damit gewinnen die Betriebe Zeit, um die notwendigen Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen zu führen und Arbeitsplätze zu sichern.

Zudem schaffen die neuen Regeln die rechtlichen Voraussetzungen für ganz praktische Hilfe vor Ort. Dazu wird das Baugesetzbuch verändert, um die Errichtung mobiler Unterkünfte für Betroffene bzw. mobile Läden und Infrastrukturen (Rathäuser, Schulen, Kitas) zu erleichtern.

In enger Abstimmung mit den betroffenen Ländern wurden die Sonderregelungen auch auf Nachbargemeinden und auf einen Zeitraum von fünf Jahren ausgeweitet. Damit wird den Betroffenen schnell und unbürokratisch in der akuten Notlage geholfen.

Für den Verkehrsbereich geht es vor allem darum, notwendige Ersatzneubauten für die Infrastruktur schnell zu planen und umzusetzen. Dies wird ermöglicht, indem auf langwierige Planfeststellungsverfahren für Ersatzneubauten verzichtet wird. Das gilt auch und insbesondere, wenn Erweiterungen von Bauwerken zum Schutz vor Naturkatastrophen errichtet werden.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich dafür eingesetzt, dass den Betroffenen schnell und unbürokratisch geholfen wird und dass die Mittel schnell dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Sie begrüßt, dass die betroffenen Länder die Vergabepraxis für die Kommunen erleichtert haben.

Um künftig in Katastrophenfällen schneller und effizienter Betroffene zu warnen, wird das sogenannte Cell Broadcast zügig eingeführt: Mit dieser Technik werden Warnungen an alle Mobilgeräte in einem bestimmten Gebiet verschickt. Der Vorteil dieses Verfahrens: Die Empfänger:innen müssen keine spezielle App herunterladen, sondern können per einfacher Textnachricht gewarnt werden und das auch bei schlechtem Mobilfunknetz.

Mit einer höheren Impfrate wird die Bewertung der Pandemie differenzierter. Neben dem Inzidenzwert sollen auch andere Kriterien zählen. Vulnerable Gruppen müssen weiter geschützt werden. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind vollständig geimpft. Weil schwere Krankheitsverläufe in der Gruppe der Geimpften damit unwahrscheinlicher werden, verliert die 7-Tage-Inzidenz als maßgeblicher Indikator zur Beurteilung der pandemischen Lage an Aussagekraft.

EEine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die in dieser Woche verabschiedet wurde, sieht deshalb vor, die Anzahl der stationär zur Behandlung aufgenommenen Patienten, die an COVID-19 erkrankt sind, je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (die so genannte Hospitalisierungsrate) in den Fokus zu nehmen. Daneben sollen die 7-Tage-Inzidenz, die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten sowie die Impfquote als Indikatoren zur Bewertung des Infektionsgeschehens herangezogen werden.

Die SPD-Fraktion fordert bereits seit langem, neben den Inzidenzwerten weitere Faktoren für eine differenzierte Bewertung der Pandemie heranzuziehen. Die Union hat eine Gesetzesänderung hierzu bisher stets abgelehnt. Es ist sehr zu begrüßen, dass sich der Bundesgesundheitsminister und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nun dieser Auffassung angeschlossen haben.

Lockdown ist nicht mehr zu befürchten

Das Gesetz stellt nun auch klar, dass alle Maßnahmen, die über Abstandsgebote, Maskenpflichten, Kontaktdatenerhebung und 3G-Regelungen hinausgehen, nur mit dem Ziel ergriffen werden dürfen, eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden. Ein Lockdown ist nicht mehr zu befürchten, da intensivere Einschränkungen gegenüber Geimpften und Genesenen verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen wären.

Gleichzeitig sollen vulnerable Gruppen weiterhin geschützt werden. In besonderen Einrichtungen dürfen Arbeitgeber:innen deshalb bereits heute den Impfstatus bei ihren Beschäftigten erfragen. Dies gilt zum Beispiel für Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste oder im Bereich der ambulanten Intensivpflege. Künftig werden weitere Einrichtungen erfasst, vor allem die stationäre Altenpflege sowie Kitas und Schulen.

Keine generelle Auskunftspflicht

Dort darf künftig während der Geltungsdauer der epidemischen Lage von nationaler Tragweite der Impfstatus der Beschäftigten vom Arbeitgeber abgefragt werden, sofern es dem Infektionsschutz dient. Der Bundestag hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite zuletzt am 25. August um drei Monate verlängert. Die SPD-Fraktion hat in den Verhandlungen durchgesetzt, dass es keine generelle und unbefristete Auskunftspflicht – wie von der Union gefordert – geben wird. Zudem hat sich die Fraktion dafür eingesetzt, dass die pandemiebedingten Erleichterungen für Vereine, Stiftungen, Gesellschaften oder Genossenschaften verlängert werden.

 


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