Rita Schwarzelühr-Sutter – Newsletter 19/2020

 

Das Arbeitsschutzkontrollgesetz steht und damit neue Verbote für Werkverträge und Leiharbeit. Dadurch wird ein Geschäftsmodell beendet, das durch Corona seine übelsten Seiten offenbart hat.

Die Regierungsfraktionen haben sich inhaltlich auf ein Arbeitsschutzkontrollgesetz und einen Zeitplan für die parlamentarischen Beratungen verständigt. Das Gesetz wird noch Mitte Dezember in 2./3. Lesung im Bundestag beraten.

„Wir greifen entschlossen in den Fleischfabriken durch. Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen werden Realität für alle Beschäftigten der Branche“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Katja Mast. „Das Arbeitsschutzkontrollgesetz steht. Es adressiert in einmaliger Art und Weise die Verantwortung an die Inhaber der Fleischfabriken und sorgt durch Kontrollen für die Einhaltung der Vorschriften. Damit wird ein Geschäftsmodell beendet, das es viel zu lange gab. Ein Geschäftsmodell, das durch Corona nochmal seine übelsten Seiten offenbart hat“, so Mast. Die Fleisch-Lobby, die das Gesetz verhindern wollte, habe sich getäuscht und zu früh gefreut.

Werkverträge werden mit dem Gesetz im Kernbereich der Fleischindustrie genauso verboten, wie die Leiharbeit beim Schlachten und Zerlegen. In der Fleischverarbeitung gilt auch ein grundsätzliches Verbot der Arbeitnehmerüberlassung. Nur per Tarifvertrag können in engen Grenzen und auf drei Jahre befristet Vereinbarungen getroffen werden. „Das stärkt die Tarifbindung in einer Branche mit wenigen Tarifverträgen und baut deshalb die Rechte der Arbeitnehmer aus. Wir grenzen das Handwerk klar ab. Wir stehen damit für den Wert der Arbeit“, erläutert die SPD-Fraktionsvizin.

Arbeit prägt unser Leben – aber sie darf nicht die Gesundheit kosten. Alle müssen sich auf den Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz und die Eindämmung von Risiken verlassen können ─ unabhängig von Region und Branche. Arbeitsschutz ist allerdings nur wirksam, wenn auch kontrolliert wird, ob sich alle an die Arbeitsschutzregeln halten. Die Kontrollen durch die Arbeitsschutzaufsicht in den Ländern sind seit 2007 aber immer weiter gesunken.

Die eklatanten Mängel und Versäumnisse in der Fleischbranche wurden von massenhaften Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen offengelegt. Beim Schutz der Gesundheit besteht dringender Handlungsbedarf – es geht hier um elementare Arbeitnehmerrechte. Das Gesetz soll mit einheitlichen Kontrollstandards und höheren Bußgeldern für verlässlichen Arbeitsschutz sorgen. Außerdem müssen in außergewöhnlichen Notlagen die Handlungsfähigkeit sichergestellt werden. In der Fleischindustrie wird die elektronische und manipulationssichere Aufzeichnung der Arbeitszeit zur Pflicht gemacht und der Einsatz von Fremdpersonal beim Schlachten und Zerlegen verboten. Nicht zuletzt wird die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften verbessert.

Die Regelungen im Detail:

Arbeitsschutzaufsicht

Die staatliche Arbeitsschutzaufsicht der Länder soll die Einhaltung des Arbeitsschutzes durch Betriebsbesichtigungen sicherstellen – allerdings geschieht dies aktuell nach Anzahl und Prüfgründlichkeit sehr unterschiedlich. Nun werden für alle Branchen bundesweit einheitliche Maßstäbe für die Prüfungen festgelegt: Die Anzahl der zu besichtigenden Betriebe soll schrittweise deutlich erhöht werden, sie muss Jahr für Jahr gesteigert werden, bis eine Mindestquote für Kontrollbesichtigungen in den Betrieben erreicht ist.

In Betrieben mit besonderem Gefährdungspotenzial müssen Kontrollschwerpunkte gesetzt werden. Ist die vorgegebene Prüfquote flächendeckend erreicht, soll unmittelbar geprüft werden, ob sie noch weiter angehoben und wie die staatliche Arbeitsschutzaufsicht noch weiter verbessert werden kann. Die Bundesregierung wird bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine Bundesfachstelle „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ einrichten, die sich um eine verbesserte Datenlage und mehr Transparenz in Sachen Arbeitsschutzkontrollen kümmert.

Und auch die Beschäftigten können sich darauf verlassen: Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit sind keine Glückssache. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann darum künftig in außergewöhnlichen Notlagen wie der aktuellen Pandemie zeitlich befristet besondere Arbeitsschutzanforderungen festlegen.

Kein Arbeitszeitbetrug 

Die Arbeitgeber müssen für den Schutz der Gesundheit ihrer Beschäftigten bei der Arbeit sorgen. Arbeitsschutz nicht ernst zu nehmen, ist kein Kavaliersdelikt. Wer als Arbeitgeber gegen Arbeitszeitregelungen verstößt, hat derzeit mit Bußgeldern von bis zu 15.000 Euro zu rechnen. Dieser Höchstbetrag wurde seit 1994 nicht verändert. Aber Bußgelder müssen vorbeugend und leitend wirken. Darum wird der Bußgeldrahmen aktualisiert und der Höchstbetrag auf 30.000 Euro verdoppelt.

Das Überschreiten etwa von Höchstarbeitszeiten ist keine Lappalie, es kann die Gesundheit gefährden. Gerade in der Fleischindustrie ist das aber leider keine Seltenheit. Auch Mindestlohnvorschriften werden in der Fleischindustrie häufig unterlaufen. Darum werden die Arbeitgeber dort zur manipulationssicheren elektronischen Aufzeichnung der Arbeitszeit verpflichtet. So kann die Einhaltung von Vorschriften effektiver kontrolliert werden und so stärken wir Arbeitnehmer*innenrechte. Diese Aufzeichnungen und weitere für eine Kontrolle des Arbeitszeitgesetzes nutzbaren Unterlagen sollen auch von den Arbeitsschutzbehörden der Länder eingesehen werden können.

Verbot von Leiharbeit und Werkverträgen

Mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz wird das Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft umgesetzt, das die Bundesregierung am 20. Mai 2020 verabredet hat. Auch Arbeitgeber in der Fleischwirtschaft haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten. Undurchsichtige Strukturen führen jedoch bisher häufig dazu, dass Verantwortlichkeiten verwischt werden: So wurden etwa bei einem großen industriellen Betrieb die Kontrollen erheblich dadurch erschwert, dass die Arbeiter bei bis zu 30 unterschiedlichen Werkvertragsunternehmen angestellt waren. Solche Konstruktionen werden künftig nicht mehr möglich sein.

Beim „Kerngeschäft“ – dem Schlachten und der Zerlegung von Fleisch – dürfen künftig nur noch Arbeitnehmer*innen des eigenenUnternehmens eingesetzt werden. Werkverträge sind ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr möglich und Leiharbeit ist ab dem 1. April 2021 in der Fleischwirtschaft verboten. Nur Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten sind davon ausgenommen. Eine auf drei Jahre befristete Ausnahmeregelung macht es auf Grundlage eines Tarifvertrags möglich, Auftragsspitzen ausschließlich in der Fleisch-Verarbeitung (nicht beim Schlachten und Zerlegen) durch Leiharbeitnehmer*innen aufzufangen – allerdings nur unter strengen Auflagen und Kontrolle:

  • Das entleihende Unternehmen muss tarifgebunden sein.
  • Für die Leiharbeitskräfte gelten vom ersten Tag an die gleichen Arbeitsbedingungen einschließlich Lohn wie für die Stammbelegschaft, die Arbeitszeit muss ebenso elektronisch und manipulationssicher dokumentiert werden. Zur Arbeitszeit zählen demnach auch dienstlich erforderliche Rüst-, Umkleide- sowie Waschzeiten.
  • Die Höchstüberlassungsdauer der Leiharbeitskraft ist auf vier Monate begrenzt, vorangegangene Einsätze beim entleihenden Unternehmen werden mitgezählt, wenn sie weniger als 6 Monate zurückliegen. Auch durch einen Tarifvertrag kann von dieser Regelung nicht abgewichen werden.

Dabei darf der Einsatz der Leiharbeitskräfte höchstens acht Prozent des Arbeitszeitvolumens der Stammbelegschaft in der Verarbeitung ausmachen. So sollen gefährliche und menschenunwürdige Zustände beendet, Tarifpartnerschaft in der Fleischverarbeitung wiederbelebt und dadurch weiteren Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen der Weg geebnet werden. Zur besseren Kontrollierbarkeit müssen die Unternehmen die Behörden der Zollverwaltung über Beginn und Ende des Einsatzes von Leiharbeitskräften informieren.

Damit sich ausländische Arbeitnehmer*innen in ihrer Sprache über ihre Rechte und geltende Arbeitsschutzbedingungen informieren können, haben wir die Beratung „Faire Mobilität“ bereits im Rahmen der Umsetzung der geänderten EU-Entsenderichtlinie im Arbeitnehmer-Entsendegesetz verstetigt.

Verbesserungen bei der Unterbringung

Nicht nur in der Fleischindustrie bestehen Missstände bei der Unterbringung von ausländischen Arbeitskräften. Beschämende Berichte zeigten zuletzt Behelfs-Container-Unterkünfte oder Zimmer, in denen ausländische Arbeitnehmer*innen zusammengepfercht auf wenigen Quadratmetern zusammenleben müssen – und dafür unverhältnismäßig viel bezahlen.

Deshalb werden zur Verbesserung der Wohnsituation dieser Beschäftigten die bestehenden Bestimmungen für die Unterbringung durch den Arbeitgeber überarbeitet und in dieArbeitsstättenverordnung neue branchenübergreifende Mindestanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte aufgenommen, die auch dann gelten, wenn die Unterkünfte außerhalb des Betriebsgeländes liegen. Außerdem werden die in vielen Branchen üblichen Koppelungen arbeitsvertraglicher Regelungen mit Vereinbarungen zur Unterbringung oder Vermittlung von Wohnungen durch den Arbeitgeber erfasst.

Hierzu wird der Arbeitgeber verpflichtet, eine Dokumentation zu den von ihm oder in seinem Auftrag bereitgestellten Gemeinschaftsunterkünften zu erstellen, in denen Angaben zur Lage, den untergebrachten Beschäftigten sowie der jeweiligen Dauer der Unterbringung anzugeben sind. Auch mit einer flankierenden Änderung des Bundesmeldegesetzes werden die Kontroll- und Vollzugsmöglichkeiten der zuständigen Landesbehörden in diesem Bereich verbessert.

Die SPD-Bundestagsabgeordneten unterstützen den verlängerten Teil-Lockdown und appellieren an die Eigenverantwortung und Solidarität der Bürgerinnen und Bürger: „Wir haben es in der Hand, nicht nur Weihnachten zu retten, sondern auch die Wochen und Monate danach“.

Die SPD-Fraktion unterstützt die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Verlängerung der Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie: Die am Mittwochabend von Bund und Ländern getroffenen Vereinbarungen seien „angemessen, nachvollziehbar und lebensnah“, sagte der SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Rolf Mützenich am Donnerstagmorgen im Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor in ihrer Rede die Beschlüsse von Mittwochabend erläutert sowie die Politik von Bund und Ländern verteidigt. Die derzeitigen Beschränkungen sollen in verschärfter Form bis kurz vor den Feiertagen verlängert werden, dann gelten vorübergehende Lockerungen.

Lockdown-Betroffene könnten weiter auf „großzügige Hilfen“ setzen, sagte Mützenich weiter. Seiner Fraktion gehe es darum, gerade in der Pandemie „die soziale Demokratie in Deutschland“ zu stärken. „Bedrückend ist die große Zahl der Menschen, die an dem Virus gestorben sind, dahinter verbergen sich tragische Momente. Sie werden weder durch Zynismus noch durch absurde Vergleiche kleiner“, betonte Mützenich.

Die SPD-Abgeordnete und Ärztin Sabine Dittmar begrüßte, dass durch die bisherigen Schutzmaßnahmen die Stabilisierung der Neuinfektionen erreicht worden sei. „Das war die erste Etappe, aber das Ziel haben wir noch nicht erreicht“, sagte sie. „Die Neuinfektionen müssen signifikant weitersinken, um unser Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen zu bringen. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die gestern beschlossenen Vereinbarungen, die nun in Ländervereinbarungen befristet und begründet umgesetzt werden. Das haben wir als Gesetzgeber in der vergangenen Woche in der Novelle des Infektionsschutzgesetztes so beschlossen“. Dittmar äußerte Verständnis für die Lockerungen über Weihnachten. Aber sie  wisse auch, dass das ein „Ritt auf der Rasierklinge“ sei aus medizinischer Sicht. Sie appellierte an die Eigenverantwortung der Bürger, die Abstands- und Hygieneregeln sowie die Kontaktbeschränkungen einzuhalten: „Wir haben es in der Hand, nicht nur Weihnachten zu retten, sondern auch die Wochen und Monate nach Weihnachten“, sagte Dittmar. „Deshalb mein eindringlicher Appell: Bleiben Sie eingenverantwortlich und solidarisch“.

Thema der Debatte war erneut die Reform des Infektionsschutzgesetzes, das der Bundestag vergangene Woche verabschiedet hat. Damit hat der Bundestag seine Rolle in den Entscheidungen zu den Corona-Schutzmaßnahmen gestärkt und diese präzisiert, um die Maßnahmen rechtssicherer zu machen. Auf Demonstrationen wurde das Gesetz unter anderem mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 verglichen, das Adolf Hitler an die Macht brachte. Auch die AfD griff diese Vergleiche auf. Zudem schleusten AfD-Abgeordnete Personen in den Bundestag, die Abgeordnete anderer Parteien bedrängten.

Die Mehrheit der Bevölkerung stehe hinter den Schutzmaßnahmen, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast.  Es gebe aber auch jene, die vergangene Woche bei Demonstrationen ihre Sorgen zum Ausdruck gebracht hätten. Die müsse man gemeinsam ernst nehmen. „Diese Demonstrationen waren aber auch geprägt von Gerüchten, Lügen und Rechtsextremen, die mitdemonstriert haben“, sagte Mast. Von Impfpflicht, von Gleichschaltung der Parlamente und der Aussetzung von Grundrechten sei die Rede gewesen. „Das alles ist falsch“, sagte Mast. Die AfD verbreite diese Falschmeldungen auch. „Und wenn die AfD die Hand reicht, damit frei gewählte Abgeordnete im Bundestag bedrängt werden, dann reicht es nicht, wenn man sich entschuldigt, das muss Konsequenzen haben. Und die gibt es nicht“. Das was da passiere, zersetze die Demokratie. „Während Sie pöbeln und aufwiegeln, suchen wir nach Problemlösungen“, sagte die SPD-Abgeordnete. „Ich bin davon überzeugt, dass wir durch diese Krise auch gestärkt kommen können, wenn wir solidarisch zusammenhalten, die Probleme lösen, auf die Corona den Scheinwerfer wirft“.

Mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz werden 20.000 neue Assistenzstellen in der Altenpflege geschaffen und die Versorgung von Schwangeren verbessert.

Die Corona-Pandemie hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie wichtig ein gut funktionierendes Gesundheits- und Pflegesystem ist. Mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz, das der Bundestag am Donnerstag verabschiedet hat, werden unter anderem 20.000 neue Assistenzstellen in der Altenpflege geschaffen – vollständig finanziert von der Pflegeversicherung. Das wird das Pflegepersonal in den Heimen entlasten und dabei Pflegebedürftige und Angehörige nicht zusätzlich finanziell belasten. Zudem wird die Versorgung von Schwangeren verbessert. Von 2021 bis 2023 erhalten Krankenhäuser rund 200 Millionen Euro zusätzlich für mehr Hebammenstellen und zusätzliche Assistenz in der Geburtshilfe.

Damit die Gesetzliche Krankversicherung (GKV) auch unter Pandemiebedingungen solide aufgestellt ist und Beiträge weitestgehend stabil gehalten werden, erhält die GKV einen einmaligen zusätzlichen Bundeszuschuss in Höhe von fünf Milliarden Euro im Jahr 2021. Hiermit werden auch die öffentlichen Lasten der Krankenversicherung in der Corona-Pandemie, wie zum Beispiel für Testungen, vollständig ausgeglichen. Zur weiteren Stabilisierung werden zusätzlich acht Milliarden Euro aus den Finanzreserven der Krankenkassen in den Gesundheitsfonds überführt. Wir haben erreicht, dass dabei die finanzielle Stabilität kleinerer Krankenkassen nicht gefährdet wird

Das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates und soll voraussichtlich im Januar 2021in Kraft treten. Die wichtigsten Regelungen im Überblick:

20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte in der Altenpflege

  • In der vollstationären Altenpflege werden 20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte finanziert. Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen wird dadurch nicht steigen, die Stellen werden vollständig durch die Pflegeversicherung finanziert.
  • Die Ergebnisse des Projekts zur wissenschaftlichen Bemessung des Personalbedarfs zeigen, dass in vollstationären Pflegeeinrichtungen zukünftig insbesondere mehr Pflegehilfskräfte erforderlich sind. Diese zusätzlichen Stellen sind ein erster Schritt in Richtung eines verbindlichen Personalbemessungsverfahrens für vollstationäre Pflegeeinrichtungen.

 Gesetzliche Krankenversicherung wird finanziell stabilisiert

  • Um nach der von der COVID-19-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) weiter zu gewährleisten und die Beiträge weitestgehend stabil zu halten, erhält die GKV im Jahr 2021 einen ergänzenden Bundeszuschuss aus Steuermitteln in Höhe von 5 Milliarden Euro.
  • Außerdem werden aus den Finanzreserven der Krankenkassen einmalig acht Milliarden Euro in die Einnahmen des Gesundheitsfonds überführt.
  • Kassen mit hohen Rücklagen dürfen weiterhin ihren Zusatzbeitragssatz nicht erhöhen. Wir schaffen allerdings eine notwendige Ausnahmeregelung, um zu verhindern, dass absehbare Beitragssatzsteigerungen zunächst verboten werden und dann im Laufe des Jahres umso stärker ausfallen müssen.

 Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen

  • Eine bisher befristete Regelung, nach der im Rahmen der Pflegebegutachtung empfohlene Hilfsmittel automatisch – auch ohne ärztliche Verordnung – als beantragt galten, hat sich in der Praxis bewährt. Das Verfahren wird ab dem kommenden Jahr auf Dauer gelten.

 Zusätzliche Hebammen in Kliniken

  • Krankenhäuser werden künftig mehr Stellen für Hebammen erhalten. Dazu wird ein Hebammenstellen-Förderprogramm mit 65 Millionen Euro pro Jahr (Laufzeit 2021 – 2023) aufgelegt werden.
  • Dadurch können etwa 600 zusätzliche Hebammenstellen und bis zu 700 weitere Stellen für Personal zur Unterstützung von Hebammen in Geburtshilfeabteilungen geschaffen werden.

Das Elterngeld wird so gestaltet, dass Eltern besser Teilzeit arbeiten können neben der Betreuung ihres Kindes. Bei Frühchen verlängert sich das Elterngeld.

Die meisten Eltern wünschen sich mehr Zeit für ihre Kinder. Und: Sie wollen Familie und Beruf gut und partnerschaftlich in Einklang bringen. Elterngeld, Elterngeld-Plus und Partnerschaftsbonus ermöglichen das. Mit einem Regierungsentwurf zur Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, der in dieser Woche in 1. Lesung beraten wurde, werden Elterngeld, Elterngeld-Plus und Partnerschaftsbonus flexibler und einfacher gemacht.

So wird die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit von 30 auf 32 Wochenstunden – also auf volle vier Arbeitstage – angehoben. Beim Partnerschaftsbonus wird der Stundenkorridor von derzeit 25 bis 30 auf 24 bis 32 Stunden ausgedehnt. Eltern, die sich für ein partnerschaftliches Zeitarrangement entscheiden, erhalten einen Partnerschaftsbonus: Sie bekommen vier zusätzliche ElterngeldPlus-Monate, wenn sie in dieser Zeit gleichzeitig arbeiten. Der ausgedehnte Stundenkorridor erhöht die Flexibilität für Eltern und unterstützt sie dabei, einerseits das Familieneinkommen abzusichern und andererseits durch die Teilzeit mehr Zeit für Familie zu haben.

Besondere Unterstützung brauchen Familien, wenn sie vor besonderen Herausforderungen stehen. Wenn Kinder zu früh geboren werden, verlängert sich schon jetzt der Mutterschutz. Für Kinder, die sechs Wochen oder früher geboren werden, soll es nun einen zusätzlichen Monat Elterngeld geben. Das gibt Eltern mehr Zeit, sich um ihr Kind zu kümmern. Jedes Jahr werden 2,3 Prozent aller Kinder, deren Mütter Elterngeld beziehen, mehr als sechs Wochen zu früh geboren. Das sind 17.000 Kinder im Jahr.

Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften soll künftig eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen im Elterngeld ermöglicht werden. Wenn sie das möchten, können sie bei der Bemessung des Elterngeldes wie ausschließlich Nicht-Selbstständige behandelt werden.

Zur Finanzierung der Verbesserungen sollen künftig nur noch Eltern, die gemeinsam höchstens 300.000 Euro im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Diese neue Regelung für Paare betrifft Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbeziehenden ausmachen – etwa 7000. Für sie ist die eigenständige Vorsorge für den Zeitraum der Elternzeit auch ohne Elterngeld möglich. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro.

Der Gesetzentwurf zum Download:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/244/1924438.pdf

Das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht geht gegen zu hohe und intransparente Inkassokosten vor und schreibt die Aufklärung der Schuldner vor.

Mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken hat sich die Transparenz im Inkassowesen deutlich verbessert. Ein Problem stellen jedoch immer noch die geltend gemachten Inkassokosten dar: Diese sind im Verhältnis zum Aufwand zumeist deutlich zu hoch. Teilweise gibt es noch unnötige Kostendoppelungen und mangelnde Rechtskenntnisse der Schuldner*innen werden oft ausgenutzt. Das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht, das diese Woche verabschiedet wurde, sieht vor, die Geschäfts- und die Einigungsgebühr so anzupassen, dass einerseits für die Schuldner*innen keine unnötigen Belastungen entstehen, andererseits aber Inkassodienstleistungen nach wie vor wirtschaftlich erbracht werden können. Schuldner*innen werden zukünftig vor allem in den Fällen entlastet, in denen sie die Forderungen nach dem ersten Mahnschreiben beglichen haben oder in denen Forderungen von bis zu 50 Euro eingezogen wurden. Schuldner*innen müssen über die beim Abschluss von Zahlungsvereinbarungen entstehenden Kosten und die Rechtsfolgen von Schuldanerkenntnissen aufgeklärt werden.

Um die Umwelt besser zu schützen, wurde die Änderung des Verpackungsgesetzes beschlossen. Dünne Einweg-Plastiktüten sind künftig verboten.

Das Plastiktütenverbot kommt: In dieser Woche hat der Bundestag die Änderung des Verpackungsgesetzes beschlossen. Ziel des Gesetzes ist es, den Rückgang beim Verbrauch von leichten Kunststofftragetaschen und damit den Erfolg der 2016 geschlossenen Vereinbarung zwischen dem SPD-geführten Bundesumweltministerium und dem Handel konsequent fortzusetzen. Plastiktüten mit einer Wandstärke von weniger als 50 Mikrometern, die oftmals kein zweites Mal verwendet und zu häufig unsachgemäß weggeworfen werden, sind künftig verboten. In Deutschland werden noch ca. 20 Tüten pro Jahr und Kopf verbraucht. Diesen Verbrauch gilt es weiter zu minimieren.

282.000 Euro hat der Schulcampus Röbel an der Müritz aus dem Digitalpakt für digitale Tafeln, Tablets und WLAN erhalten. Bei einem Ortsbesuch zeigen uns Lehrer*innen und Schüler*innen, wie das digitale Lernen funktioniert.

Die alten Wandtafeln haben wir jetzt verkauft«, sagt Hans-Peter Richter, Schulleiter des »Schulcampus Röbel«, eine Gesamtschule an der Mecklenburgischen Seenplatte. Der 66-jährige läuft vom Hauptgebäude aus der DDR-Zeit ins neu gebaute »Nawi-Haus« hinüber. Hier, in dem schlichten Betonbau mit leuchtend weißer Fassade, will er zeigen, wie in seiner Schule digital unterrichtet wird. Physik, dritte Stunde, 11. Klasse.

An der Wand hängt ein riesiger weißer Bildschirm, eine sogenannte digitale Tafel, ein Meter hoch, fast zwei Meter breit. Dort ist gerade die Wikipedia-Seite zur Energiebilanz der Wärmepumpe zu sehen. Die Schüler sollen Energiearten und ihre Berechnungen recherchieren. Jeder hat ein Tablet vor sich, das mit der Computer-Tafel verbunden ist. Wer etwas Interessantes gefunden hat, meldet sich, dann wird diese Tablet-Seite vorne angezeigt.

Hans-Peter Richter läuft zwischen den Schülern umher, klopft ihnen aufmunternd auf die Schulter, schaut auf ihre Tablets, und flüstert, während der Lehrer weitermacht: »Wenn wir bei der Digitalisierung nicht mitgehen, hängen wir hinterher in der Welt. Je eher die Kinder diese Möglichkeiten bekommen, desto besser«.

Richter ist die Digitalisierung sehr wichtig. Seine Gesamtschule in Röbel an der Müritz, 5000 Einwohner, knapp 150 Kilometer nordwestlich von Berlin, war die erste Schule in Mecklenburg-Vorpommern, die Mittel aus dem Digitalpakt bekam. Damit konnte Richter die ganze Schule mit digitalen Tafeln ausstatten.

Mehr als sechs Milliarden Euro für die Schulen

Der Digitalpakt ist das bildungspolitische Großprojekt der rot-schwarzen Regierungskoalition. Im Sommer 2019 stellte der Bund fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen bereit, die Länder schossen insgesamt 500 Millionen Euro dazu, damit Schulen sich digitale Tafeln, Laptops und WLAN anschaffen können. Das Geld fließt über fünf Jahre bis 2024.

Da das digitale Lernen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie noch viel wichtiger geworden ist, wurden Ergänzungen vereinbart: Im Frühling kam ein 500-Millionen-Euro-Hilfspaket dazu, um sozial benachteiligte Schüler mit Laptops zu versorgen. »Ob Schülerinnen und Schüler beim Unterricht per Video, Chat und App mithalten können, darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Das ist eine ganz entscheidende soziale Frage«, sagt der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek.

Im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets im Frühsommer wurden weitere 500 Millionen vereinbart, damit die Schulen IT-Fachkräfte einstellen können, die die Software installieren und die Geräte warten. Und auf dem Schulgipfel Ende September wurden 500 Millionen Euro für Lehrer-Laptops beschlossen.

Als Hans-Peter Richter im Sommer 2019 vom Digitalpakt erfuhr, dachte er sich: »Diese Fördermittel muss ich in ein paar Wochen haben«. Ganz so schnell ging es dann doch nicht, aber bereits im Dezember bekam der Schulcampus Röbel den Zuschlag für 282.000 Euro. Am 9. Juli dieses Jahres lieferte ein Lkw 36 Smart Boards an die Schule, die 700 Schüler zur Mittleren Reife und zum Abitur führt. Zudem ließ Richter mit den Mitteln die Computerräume mit neuen PC‘s ausstatten und das WLAN-Netz erneuern.

Damit gehört der Schulcampus Röbel bundesweit allerdings noch zu einer Minderheit: Von den fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt sind bis Ende Juni erst etwas über fünf Prozent bewilligt worden, aktuellere Zahlen sollen Ende des Jahres veröffentlicht werden. In Mecklenburg-Vorpommern sind aktuell immerhin knapp neun Prozent der verfügbaren Mittel von fast 100 Millionen Euro bewilligt worden.

Bürokratische Hürden

Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) zufolge liegt das Land damit »im Zeitplan«. Das Programm laufe über fünf Jahre, und in einem »Roll Out«-Plan sei festgelegt, welche Schulen den Förderantrag in welchem Jahr stellen dürfen. Der Schulcampus Röbel war eigentlich erst für 2021 vorgesehen.

Die bürokratischen Hürden für die Beantragung waren am Anfang hoch. Dazu mussten die Schulen ein aufwändiges »Medienbildungskonzept« erarbeiten. Inzwischen kann dieses Konzept aber auch nachgereicht werden, wurde im Sommer beschlossen. Das begrüßt auch Bildungsministerin Martin: Denn das Verfassen eines solchen Konzeptes sei – gerade im Zuge der Corona- Krise – von den Lehrern als große zusätzliche Belastung empfunden worden.

Auch in Röbel war das so. Aber Richter wollte nicht bis 2021 warten, sondern »unbedingt unter die ersten Schulen kommen«. »Es war eine Fleißarbeit«, sagt er. Man müsse als Schulleiter den digitalen Weg gehen wollen, dabei seine Lehrerinnen und Lehrer mitnehmen. Ihm scheint das gut gelungen zu sein. Einer der Lehrkräfte beschreibt es so: »Wir haben das in einem riesengroßen Mammutprojekt durchgedrückt«.

Als Präsident der Stadtvertretung hat Richter gute Kontakte in die Kommunalpolitik und konnte auch dort auf Unterstützung zählen. Der pädagogische »Medienentwicklungsplan«, den die Verwaltung als Schulträger vorlegen musste, wurde schnell geschrieben.

Hans-Peter Richter erinnert an einen wohlwollenden Patriarchen, wenn er durch die Flure läuft, die Schüler beim Namen nennt, und ihnen sowie ihren Lehrern Anweisungen gibt, die anstandslos befolgt werden. Er erlaubt sich, unangemeldet in den Unterricht zu platzen, alle Schülerinnen und Schüler mit raus zu nehmen, (»Auf! Und mir nach!«), damit die Lehrerin ungestört über den digitalen Unterricht sprechen kann.

Von Corona eiskalt erwischt

Richter ist fest davon überzeugt, dass die Digitalisierung in der Schule wichtig ist, schließlich war er selber Informatiklehrer. Er habe schon vor 20 Jahren gepredigt, erzählt er, dass die Schüler den Umgang mit dem PC lernen müssen, den flexiblen Umgang mit Datenübertragung und Technik. »Wer eine Ausbildung in der Tischlerei macht, der muss heute an digital gesteuerten Maschinen lernen, die Anforderungen sind dort hochrangig und spezialisiert. Wir versuchen, ein Grundgerüst dafür zu legen. Das erleichtert dann vieles«. Der Meinung ist auch Bildungsministerin Martin. »Wir brauchen gute Fachkräfte im Land für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft«, sagt sie.

Schon heute gebe es kaum einen Beruf, in dem keine digitalen Kompetenzen erforderlich seien. Schon vor zwölf Jahren ließ Richter die Schule mit einem ersten WLAN-Netz ausstatten. Als die Pandemie ausbrach, hingen in 40 Klassenräumen Beamer, es gab sieben digitale Tafeln, 20 Notebooks zur Nutzung für die Lehrer und zwei Dutzend Tablets für die Schüler.

Von Corona wurde die Schule dennoch »eiskalt« erwischt, erzählt Christian Leonhardt, Lehrer für Sport und Geographie. Was gut funktionierte, war das Erstellen eines Aufgabenpools über den Schulserver und die Kommunikation über Email und Telefon mit den Schülern. Eine Plattform wie Microsoft Teams, die den Online- Unterricht problemlos möglich macht, war aber nur für die Schüler der Oberstufe eingerichtet. Nur zwei Lehrer gaben auf diesem Wege Online-Unterricht. Andere hatten Scheu davor. »Meine Lehrer haben sich nicht so gerne auf Teams eingelassen und generell auf Online- Unterricht«, erzählt die 14-jährige Rebecca.

Der Lockdown war für manche Lehrer eine regelrechte Grenzerfahrung. Wie für Byrthe Dittrich, die seit 1987 Mathematik und Physik unterrichtet. »Das Schwierigste war für mich, die Fülle von Aufgaben zu meistern«, sagt sie. »Ich musste intensiv nach Filmen und interaktivem Übungsmaterial suchen, die Lösungen auf die Plattform stellen, den Weg zur Lösung schriftlich erläutern.« Viele hätten gedacht, die Lehrer könnten jetzt ausspannen. »Das hat mich sehr gekränkt«, erzählt sie mit brüchiger Stimme.

Jüngere Lehrer schulen die Älteren

Jetzt, wo die alten Kreidetafeln und Beamer aussortiert und die neuen Smart Boards angekommen sind, hat auf dem Schulcampus Röbel eine weitere Epoche der Digitalisierung begonnen. Schüler und Lehrer halfen in den Sommerferien freiwillig, die 90 Kilogramm schweren digitalen Tafeln an die Wände zu montieren. Eine Woche vor Schulbeginn wurden die Lehrer im Umgang mit den Tafeln geschult. Jüngere Lehrer wie Christian Leonhardt erklärten den Älteren, wie es geht.

Leonhardt zufolge hat sich die Anstrengung gelohnt. Die Beamer hätten nur ein kleines, qualitativ schlechtes Bild an die Wand geworfen, der Ton sei zu leise und die Verbindung zwischen Laptop und Beamer störanfällig gewesen. »Jetzt kommt man rein, drückt auf den Knopf und es geht sofort los«. Eine große Erleichterung, findet er. Die Schülerinnen und Schüler könnten jetzt viel besser den Umgang mit digitalen Informationsquellen lernen, sagt Physiklehrer Matthias Strauch: »Wie unterscheidet man bei der Recherche im Internet Quellen, denen man vertrauen kann, von unseriösen Quellen?«

Den Schülern gefällt der multimediale Unterricht. »Die Lehrer arbeiten jetzt viel mehr mit Bild-, Audio- und Video-Material«, sagt Rebecca aus der 9. Klasse. »Dadurch kann ich dem Unterricht besser folgen. Wir können im Internet recherchieren und müssen dafür nicht extra in den Computerraum gehen.« Auch die Kleineren finden es »cool«, im Englisch-Unterricht zum Beispiel Big Ben zu sehen und läuten zu hören.

Die Schüler helfen mit, die digitalen Tafeln funktionsfähig zu halten: Einige schwärmen wöchentlich aus, um die Smart Boards zu »reinigen«; sie löschen die geöffneten Dateien und Anwendungen, die auf dem Desktop verbleiben.

Sollte es aufgrund der Corona-Pandemie erneut zur Schließung der Schule kommen, ist der Schulcampus Röbel besser gerüstet als im Frühling. Im Sommer hat Richter 100 Tablets bestellt, die aus den Mitteln einer Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt finanziert werden. Diese können an Schüler verliehen werden, denen zu Hause kein Endgerät zur Verfügung steht. Durch die Smart Boards haben die Lehrer schon begonnen, ihren Unterricht digital zu gestalten. Und Office 365 und Teams ist nun flächendeckend eingerichtet. Zudem wurden neue Kameras bestellt, mit denen der Unterricht vor der digitalen Tafel großflächig gefilmt werden kann.

Probleme mit dem Breitbandanschluss

Doch ein großes Problem kann auch der Digitalpakt nicht lösen. Im Landkreis Röbel gibt es noch sogenannte »weiße Flecken«: Orte ohne Breitband-Anschluss. In manchen Dörfern haben die Haushalte nicht einmal Zugang zum Internet. Während des ersten Lockdowns ist der Online-Unterricht schon daran in einigen Jugendzimmern gescheitert.

Der Bund investiert zwar Milliarden in den Aufbau von flächendeckenden und sicheren Gigabitnetzen und in die Versorgung von Schulen mit schnellem Netz. Die gesetzlichen Grundlagen dafür hat er mit dem »Digitalfonds« (Sondervermögen Digitale Infrastruktur) geschaffen. In dem Rahmen ist die Förderung des Breitbandausbaus im Landkreis Röbel auch bereits bewilligt. Doch die Inbetriebnahme ist erst Ende 2024 geplant. Die Projektplanung, die Abwicklung mit Ausschreibung und dem tatsächlichen Ausbau dauert, und die Baukapazitäten sind knapp.

Hans-Peter Richter lässt sich jedoch auch davon nicht bremsen. Er will jetzt die Mittel zur Finanzierung für die Ausbildung und Einstellung von IT-Mitarbeitern für seine Schule beantragen. Richter zufolge sind eigene IT-Fachkräfte eine der zentralen Voraussetzungen für die erfolgreiche Digitalisierung des Unterrichts. »Wir können die Systeme längerfristig nicht komplett selber warten«, sagt er. Derzeit hilft eine IT-Fachkraft aus der Stadtverwaltung.

Bei allem Enthusiasmus für die Digitalisierung sei er manchmal aber auch ein bisschen nostalgisch, sagt der Schulleiter. Eine Kreidetafel wird er behalten. Die sei schon über hundert Jahre alt. »Am Tag der offenen Tür werden wir die rausholen«, sagt er. »Um den Kindern zu zeigen, dass solche Hilfsmittel in früheren Zeiten auch wichtig waren.«

Unser Film über den Schulcampus Röbel auf youtube:

 


 

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