Rita Schwarzelühr-Sutter – Newsletter 12 / 2019
/in Allgemein /von ArchivBundestag bringt Reform der Grundsteuer auf den Weg
Gerechter, einfacher, rechtssicher: Der Bundestag hat an diesem Donnerstag in erster Lesung ein Gesetzespaket von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zur Neuregelung der Grundsteuer beraten. Der Gesetzentwurf war vergangene Woche vom Kabinett gebilligt worden. Dem vorausgegangen waren monatelange Verhandlungen zwischen Bund und Bundesländern.
Denn die bisherige Erhebung der Grundsteuer verstößt nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen das Grundgesetz. Begründung: Die Regeln zur Bewertung der Grundstücke und Gebäude seien nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, da sie zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen führten.
Eine Neureglung muss bis Ende 2019 stehen, sonst darf die Grundsteuer nicht mehr erhoben werden – die Kommunen hätten jedes Jahr rund 15 Milliarden Euro weniger an Einnahmen. Das würde kaum funktionieren, Gelder für Schulen, Kitas, die Infrastruktur und die übrige Daseinsvorsorge würden in großem Umfang fehlen.
Zur Einordnung: Die Grundsteuer ist eine reine Gemeindesteuer, das Aufkommen steht also den Städten und Gemeinden zu. Sie wurde bisher durch ein Bundesgesetz geregelt, das der Zustimmung der Länder im Bundesrat bedurfte.
Der neue Gesetzentwurf orientiert sich an der tatsächlichen Wertentwicklung der Grundstücke und verteilt die Steuerlast fair und gerecht. Der Verwaltungsaufwand für die Berechnung wird massiv verringert, die Wertermittlung den unterschiedlichen Wohngegebenheiten angepasst. Damit bleibt die Grundsteuer als wichtige Einnahmequelle der Städte und Gemeinden erhalten.
Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basiert auf jahrzehntealten Grundstückswerten – im Westen werden die Grundstücke nach ihrem Wert im Jahre 1964 berücksichtigt, im Osten sogar nach dem Wert von 1935. Die Werte von Grundstücken und Gebäuden haben sich seit 1964/1935 sowohl im Westen wie im Osten sehr unterschiedlich entwickelt. Gegenwärtig werden dadurch für vergleichbare Immobilien sehr unterschiedliche Steuerzahlungen fällig. Diese – nicht begründbare – Ungleichbehandlung muss nach Maßgabe des höchsten Gerichts durch eine Reform beendet werden.
Diese Reform muss wie beschrieben per Gesetz bis Ende dieses Jahres stehen. Die Behörden haben im Anschluss fünf Jahre Zeit für die administrative Umsetzung (Datenerhebung etc.). Die Grundsteuer würde dann spätestens ab dem 1. Januar 2025 auf Basis der neuen Werte festgesetzt. Bis Jahresende soll der Gesetzentwurf von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.
Verfassungsfeste Neuregelung
Das Ziel der geplanten Reform ist eine verfassungsfeste und gerechte Neuregelung, bei der das Gesamtaufkommen aus der Grundsteuer insgesamt gleich bleibt. Es geht ausdrücklich nicht um Mehreinnahmen der Kommunen – d. h. die Steuerpflichtigen insgesamt sollen nicht mehr Grundsteuer bezahlen. Allerdings ist es zwangsläufige Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, dass es zu Veränderungen kommt. Einige werden etwas mehr zahlen, während andere weniger Grundsteuer zahlen müssen.
Ziel eines zweiten Gesetzentwurfs zur Änderung des Grundgesetzes ist die Begründung einer uneingeschränkten konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts: In Zukunft würde also nicht mehr begründet werden müssen, dass ein solches Gesetz (oder seine Änderung) nötig ist, um gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen oder die Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse zu wahren.
Zur Neufassung
Die Berechnung der Grundsteuer soll sich weiterhin am Wert einer Immobilie orientieren. Es macht einen Unterschied, ob ein Haus oder eine Wohnung in einem begehrten Innenstadtviertel oder in einer weniger gefragten Randlage einer Metropole steht, ob es sich in einer ländlichen Gemeinde oder in der Stadt befindet, ob ein Gewerbebetrieb in einer strukturschwachen Region angesiedelt ist oder in einer Großstadt. Als Grundlage der Bemessung der Grundsteuer sollen vor allem der Wert des Bodens und die durchschnittliche gezahlte Miete am jeweiligen Standort dienen. Für Immobilien des sozialen Wohnungsbaus, kommunale sowie gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften sieht die Neuregelung unter bestimmten Voraussetzungen eine Begünstigung vor. Damit bleibt Wohnen bezahlbar.
Sollte sich in einzelnen Kommunen das Grundsteueraufkommen wegen der Neubewertung dennoch erhöhen, besteht für die Kommunen die Möglichkeit, über niedrigere so genannte Hebesätze, die sie selbst festlegen, einer möglichen Mehrbelastung entgegenzuwirken.
Die Kommunen haben bereits angekündigt, dass sie dies auch tun werden – denn eine Erhöhung der Grundsteuer wäre politisch für keinen Bürgermeister bzw. Bürgermeisterin vermittelbar. Außerdem sollen die Kommunen zukünftig über die so genannte Grundsteuer C die Möglichkeit erhalten, über ihren Hebesatz die Spekulation mit baureifen Grundstücken einzudämmen.
Übersichtliche Kriterien
Im Einzelnen: In die Berechnung der Grundsteuer nach dem Modell von Olaf Scholz und den Landesfinanzministerinnen und -ministern sollen künftig nur noch wenige, vergleichsweise einfach zu ermittelnde Parameter einfließen. Bei der Ermittlung der Grundsteuer für die Wohngrundstücke geht es konkret um fünf Punkte: Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Alter des Gebäudes, Mietniveaustufe.
Zur Ermittlung der Grundsteuer für Gewerbegrundstücke soll die Zahl der von den Steuerpflichtigen zu erklärenden Angaben von bisher mehr als 30 auf maximal acht sinken.
Falls diese Parameter nicht ohnehin bekannt sind, werden sie über das Internet abrufbar sein. Der administrative Aufwand verringert sich damit deutlich: Der kluge Einsatz digitaler Möglichkeiten bei der Datenerhebung und -bearbeitung macht das möglich und soll künftig für Entlastung sorgen.
Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Aktualisierung der Bewertung könnte alle sieben Jahre weitgehend automatisch erfolgen. Steuerpflichtige und Finanzverwaltung erhalten ausreichend Zeit, um sich auf die genannten Änderungen einzustellen.
Abweichungen vom Scholz-Modell
In der Diskussion war auch das so genannte Flächenmodell, das ausschließlich an der Fläche der Grundstücke und der vorhandenen Gebäude ansetzt. Die Werte der Grundstücke und der Gebäude bleiben bei diesem Modell unberücksichtigt. Ein solches Modell ist auf der Basis des aktuellen Grundgesetzes nicht möglich – denn es gibt, wie beschrieben, für eine Neubegründung der Grundsteuer abweichend vom bisherigen Modell keine Gesetzgebungskompetenz mehr.
Vor allem das Bundesland Bayern hat in den Beratungen über die Neuregelung der Grundsteuer gefordert, von einer bundeseinheitlichen Regelung abweichen zu dürfen, um einen eigenen Weg gehen zu können.
Diesem Wunsch soll nun ein gesonderter Gesetzentwurf Rechnung tragen, der die Grundgesetzänderungen umfasst und eine Abweichung von der bundeseinheitlichen Regelung möglich machen würde. Eine solche Möglichkeit ist seit der letzten Föderalismusreform im Grundgesetz schon für verschiedene andere Rechtsbereiche vorgesehen (etwa das Naturschutzrecht, das Jagdrecht, die Raumordnung oder das Hochschulzulassungsrecht).
Aber: Für die Berechnung des Länderfinanzausgleichs soll die bundeseinheitliche Regelung zugrunde gelegt werden. Damit hätten andere Bundesländer keinen finanziellen Nachteil durch den Sonderweg eines Landes wie Bayern. Das wird durch eine entsprechende Regelung im Finanzausgleichsgesetz abgesichert.
Zur politischen Bewertung
Achim Post, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Bernhard Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher, und Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, betonen: „Der Kabinettbeschluss zur Grundsteuerreform ist ein wichtiger Etappenschritt, um die Grundsteuereinnahmen auch weiterhin sicherzustellen. Mit dem wertabhängigen Modell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz wird die Grundsteuer einfacher, gerechter und zukunftsfähig.
Die SPD-Fraktion steht an der Seite der Städte und Gemeinden in Deutschland. Deshalb ist für die SPD-Fraktion eine verfassungsfeste Grundsteuer ein zentraler Auftrag ihrer Regierungsarbeit.
Mit dem Gesetzentwurf behält der Bund die Gesetzgebungskompetenz; die Grundsteuer kann nicht zur Disposition gestellt werden. Das wird jetzt auch im Grundgesetz zweifelsfrei festgeschrieben. Zugleich wird den Bundesländern allerdings das Recht eingeräumt, abweichende landesrechtliche Regelungen zur Grundsteuer zu erlassen.
Nach monatelangen Verhandlungen hat die CSU in letzter Minute den mit den Ländern angestrebten Konsens verlassen und eine solche Abweichungsmöglichkeit für einzelne Länder verlangt. Die CSU hat damit die Kommunen in Deutschland in Haftung genommen, um ihre eigenen parteipolitischen Ziele durchzusetzen.
Eine Abweichungsmöglichkeit birgt die Gefahr einer Zersplitterung des Grundsteuerrechts. Die einfache bundeseinheitliche Regelung wird durch eine zusätzliche bürokratische Regelung für einzelne Länder gefährdet, im Zweifelsfall auf dem Rücken der Kommunen. Hinzu kommt: Das Flächenmodell, das die CSU nunmehr in Bayern einführen will, begünstigt vor allem wohlhabende Immobilienbesitzer. Diese Grundsteuer à la CSU ist nicht einfach, sondern einfach ungerecht. Würde ein solches Modell in Deutschland weiter um sich greifen, wäre das ein Weg hin zu mehr Bürokratie, weniger Gerechtigkeit und letztlich egoistischer Kleinstaaterei.
Wir wissen zugleich um die Verantwortung für die Handlungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden und die Notwendigkeit, eine Grundsteuerreform bis Ende des Jahres abzuschließen, um die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen und das Grundsteueraufkommen für die Kommunen zu sichern.
Für uns ist dabei in jedem Fall klar: Es muss bei den Grundgesetzänderungen verlässlich sichergestellt sein, dass sich Bayern nicht auf Kosten anderer Bundesländer im Länderfinanzausgleich der Finanzverantwortung entzieht.“
Das Wichtigste zusammengefasst:
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, die Grundsteuer neu zu regeln. Deshalb hat sich die Bundesregierung mit den Bundesländern auf einen Vorschlag geeinigt, der eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer gewährleistet – auch wenn Veränderungen im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden können. Wichtig ist, dass Städte und Gemeinden eine solide finanzielle Basis für ihre Aufgaben haben. Das ist eine notwendige Grundvoraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse überall in Deutschland. Der Bund wird künftig ausdrücklich die Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer bekommen. Die Länder erhalten zwar das Recht, davon abzuweichen – aber nicht auf Kosten der anderen. Die SPD-Fraktion hat dafür gesorgt, dass es im Länderfinanzausgleich bei einem gerechten Ausgleich bleibt, der nach dem Modell des Bundes berechnet wird.
Der Mindestlohn für Auszubildende kommt
Auszubildende sind die Zukunft der Betriebe in unserem Land. Sie lernen und packen mit an. Ihre Leistung verdient deshalb Respekt und eine ordentliche Bezahlung. In den Koalitionsverhandlungen hatten die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine Mindestvergütung für Azubis durchgesetzt.
Jetzt ist es soweit: In dieser Woche hat der Bundestag in erster Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung“ (BBiG) beraten.
Mit dem geplanten Gesetz geht die Koalition auf wichtige Trends und Herausforderungen in der beruflichen Bildung ein und schafft so den rechtlichen Rahmen, um die duale Berufsausbildung fit für die Zukunft zu machen.
Die Mindestausbildungsvergütung (MAV), kurz der Azubi-Mindestlohn, ist die größte Verbesserung dieser Reform, denn gut ausgebildete Fachkräfte brauchen eine sichere finanzielle Grundlage – schon während ihrer Ausbildung.
Vergütungen steigen an
Schon jetzt sind alle Betriebe verpflichtet, ihren Auszubildenden „eine angemessene Ausbildungsvergütung“ zu zahlen. Und trotzdem bekommen Auszubildende in manchen Betrieben und Regionen eine sehr geringe Vergütung. Das macht einige Ausbildungen unattraktiv und spiegelt nicht die Leistung der Auszubildenden in ihrem Betrieb wider. Mit der MAV wird diese Verpflichtung für „angemessene Ausbildungsvergütungen“ endlich konkretisiert und im Berufsbildungsgesetz verankert. Die Mindesthöhe der Vergütung für eine Ausbildung wird zunächst von 2020 an auf 515 Euro für das 1. Lehrjahr festgelegt und sich bis ins 3. Lehrjahr um 35 Prozent auf 695 Euro erhöhen.
Die MAV ist der neue Mindestlohn für Azubis und definiert, was der Ausbildungsbetrieb dem Azubi mindestens zu zahlen hat. Die SPD-Fraktion hat darüber hinaus erreicht, dass die Vergütungen mit fortschreitender Ausbildung in den nächsten Jahren deutlich steigen werden. In den Jahren 2021, 2022 und 2023 erhöht sich demnach die MAV im 1. Lehrjahr in weiteren Schritten von 550 Euro über 585 Euro bis auf 620 Euro. Durch die prozentuale Anpassung wird sie dann im 3. Ausbildungsjahr 2025 schlussendlich 837 Euro betragen. Diese Beträge werden auch in Zukunft weiter fortgeschrieben und erhöhen sich entsprechend.
Wichtig ist dabei: Die Ausbildungsvergütung regelt sich weiter nach Tarifvertrag, der zwischen Sozialpartnern ausgehandelt wird. Die MAV sichert künftig aber eine untere Grenze. Nur tarifgebundene Ausbildungsbetriebe können ihren Auszubildenden die für sie geltenden tariflichen Ausbildungsvergütungen zahlen, wenn diese noch unter den oben genannten Sätzen liegen. Sie sollten bis zum Jahr 2024 an die Sätze der gesetzlichen MAV herangeführt werden. Maßgeblich ist die tarifliche Ausbildungsvergütung.
Ohne den engagierten Einsatz des DGB und der Gewerkschaften insgesamt und dem BDA wäre dieses Ergebnis nicht zu Stande gekommen. Damit wird auch deutlich, dass die Arbeitgeber eigentlich wissen, dass es dringend an der Zeit ist, ihre Azubis besser zu bezahlen – und dazu auch bereit sind.
Da Jugendliche in der Ausbildung aktuell nicht vom Mindestlohn erfasst werden, schließt die MAV eine wichtige Lücke. Die SPD-Bundestagsfraktion ist stolz darauf, dass sie gegen Widerstände des Wirtschaftsministeriums und die Untätigkeit der Bildungsministerin die MAV durchsetzen konnte und dieses wichtige Gesetz nun in die parlamentarischen Beratungen geht.
Weitere wichtige Neuerungen
Neben der Mindestausbildungsvergütung bringt der Gesetzentwurf noch andere Neuerungen auf den Weg. So wird beispielsweise jetzt die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung auf alle Auszubildenden ausgeweitet. Das ist insbesondere eine Chance für lernbeeinträchtigte Personen, Menschen mit Behinderung und Geflüchtete.
Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten. In den anstehenden Beratungen zum Gesetzentwurf will die SPD-Fraktion weitere Verbesserungen erreichen, zum Beispiel bei der Ausbildungsqualität. Außerdem will die Fraktion die Rahmenbedingungen für Auszubildende verbessern, wenn es um Freistellung für Berufsschulzeiten geht.
Das Wichtigste zusammengefasst:
Der Mindestlohn für Auszubildende kommt. Mit einem Gesetz zur Modernisierung der Berufsausbildung soll endlich eine Mindestvergütung für Auszubildende eingeführt werden – eine langjährige Forderung der SPD-Bundestagsfraktion. Die Vergütungshöhe steigt in Abhängigkeit vom Beginn der Ausbildung und dem Ausbildungsjahr an. Außerdem soll eine Teilzeitberufsausbildung für alle Azubis möglich werden.
Bundestag debattiert über Organspende
Der Bundestag hat am Mittwoch über eine Neuregelung der Organspende debattiert. Die Kernfrage lautet: Sollen die Menschen einer späteren Organspende aktiv zustimmen oder sollen alle automatisch Organspender sein, wenn sie nicht widersprechen?
Mehr als 9000 Menschen warten derzeit in Deutschland auf eine Organtransplantation. Im Jahr 2018 haben 955 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe gespendet. Und auch wenn das erstmals seit 2010 einen Anstieg der Zahlen bedeutet, ist klar: Die Anzahl von Organspendern reicht bei weitem nicht aus, damit alle Menschen ein Spenderorgan bekommen, die es benötigen.
Menschen wollen spenden, tun es aber nicht
Neben besseren Bedingungen in den Krankenhäusern – die die Koalition mit den Änderungen des Transplantationsgesetzes bereits beschlossen hat – braucht es dafür vor allem eine höhere Bereitschaft zur Organspende der Bevölkerung. Denn bisher stehen zwar laut einer aktuellen Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rund 84 Prozent der Menschen einer Organ- und Gewebespende eher positiv gegenüber. Allerdings liegt der Anteil der Menschen mit Organspendeausweis nur bei 36 Prozent.
Bisher müssen sich Menschen aktiv dafür entscheiden, wenn sie nach einem Hirntod ihre Organe spenden wollen. Das Problem: Viele Menschen beschäftigen sich gar nicht erst mit der Frage, ob sie dafür bereit sind.
Der Bundestag hat deshalb am Mittwoch darüber diskutiert, wie die Bereitschaft zur Organspende besser gefördert werden kann. Konkret ging es um zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Organspende, die beide von fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppen vorgelegt wurden. Da es sich bei der Organspende um eine grundlegende ethische Frage handelt, werden keine Fraktionspositionen festgelegt.
Widerspruchslösung
Den ersten Entwurf hat eine Gruppe von Abgeordneten um den SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach erarbeitet. Er sieht die Einführung einer Widerspruchslösung vor. Damit wären alle Bürgerinnen und Bürger, die 16 Jahre alt sind, automatisch Organspender. Wenn sie nicht spenden wollen, können sie jederzeit widersprechen.
Diesen Widerspruch können die Bürgerinnen und Bürger in einem bundesweiten Register eintragen. Sie können diesen Eintrag selbst erstellen, ändern oder löschen. Ärzte, die Organ- und Gewebeentnahmen vornehmen, müssen vorher prüfen, ob eine Erklärung des möglichen Spenders vorliegt. Im Zweifel können auch die nächsten Angehörigen über eine Organspende entscheiden, wenn sie glaubhaft machen können, dass der Betroffene kein Spender sein wollte.
Karl Lauterbach sagte in der Debatte: „Mehr als die Hälfte der Menschen, die eigentlich spenden wollen, tun das nie, weil sie es nicht dokumentiert haben“. Hier versage das bisherige System. Für ihn ist deshalb die Widerspruchslösung auch ethisch geboten. Es müsse zumindest die Pflicht geben, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und zu widersprechen, wenn man nicht spenden wolle.
Entscheidungslösung
Der zweite Gesetzentwurf kommt von einer Abgeordnetengruppe um die SPD-Gesundheitspolitikerin Hilde Mattheis. Er setzt weiterhin auf eine freiwillige Entscheidung und ausdrückliche Zustimmung zu einer späteren Organspende.
Allerdings sollen sich möglichst alle Bürgerinnen und Bürger mit der Frage der Organspende auseinandersetzen und ihre Entscheidung dokumentieren. Ein bundesweites Online-Register soll es den Menschen möglichst einfach machen, sich als Organspender zu registrieren. Auch bei den zuständigen Stellen für die Ausstellung und Ausgabe von Ausweisen sollen Bürgerinnen und Bürger über das Thema informiert werden und die Möglichkeit bekommen, direkt vor Ort ihre Entscheidung zu dokumentieren.
Der Entwurf sieht vor, dass auch die Hausärztinnen und Hausärzte ihre Patientinnen und Patienten alle zwei Jahre aktiv über Organ- und Gewebespende aufklären und zu einer Eintragung in das Online-Register ermuntern.
Hilde Mattheis sagte in der Debatte: „Wir wollen die Zustimmung ganz aktiv abholen: bei den Ausweisstellen, beim Hausarzt oder bei Erste-Hilfe-Kursen“. Das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung sei ein hohes Gut. Und nur bei der Zustimmungslösung sei sichergestellt, dass sich die Menschen mit der Frage nach Organspende auch umfassend befasst hätten.
Die beiden Gruppenentwürfe gehen jetzt zur weiteren Bearbeitung in den Gesundheitsausschuss, im Herbst will der Bundestag über die endgültige Neuregelung bei der Organspende abstimmen.
Das Wichtigste zusammengefasst:
Der Bundestag hat zwei fraktionsübergreifende Anträge debattiert, die das Ziel haben, die Bereitschaft zur Organspende zu erhöhen: Bei der Widerspruchslösung sollen alle Menschen Organspender sein, wenn sie nicht widersprechen. Bei der Entscheidungslösung sollen sich die Menschen aktiv für eine Spende entscheiden. Der Bundestag will im Herbst über die Neuregelung abstimmen.
Kabinett beschließt Haushalt 2020
Am Mittwoch hat die Bundesregierung den Entwurf des Bundeshaushalts für 2020 beschlossen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der Investitionen auf Rekordhöhe vorsieht und zugleich den sozialen Zusammenhalt verstärkt. Insgesamt sind Ausgaben in Höhe von 359,9 Milliarden Euro geplant.
Trotz weniger stark steigender Steuereinnahmen bleibt der Etat ausgeglichen – es wird keine neuen Schulden geben. Zugleich wird eine gesamtstaatliche Schuldenstandsquote von unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abgesichert. Damit erfüllt die Koalition eine zentrale haushaltspolitische Vorgabe des Koalitionsvertrages.
Die Priorität des Haushalts samt der Finanzplanung bis 2023 liegt auf der Gestaltung eines modernen und zukunftsfähigen Landes mit einem konkreten Schwerpunkt auf Zusammenhalt, Gerechtigkeit und einem verstärkten Klimaschutz.
Beispielsweise werden 2021 abermals das Kindergeld und der Kinderfreibetrag erhöht – beides hilft vor allem Familien mit wenig Einkommen. Auch die Kitagebühren sinken, das Betreuungsangebot dagegen wächst. Die kalte Progression (versteckte Steuererhöhungen) wird ausgeglichen, der Solidaritätszuschlag von 2021 an für 90 Prozent aller Zahler komplett abgeschafft.
Mehr für Bildung und Qualifizierung
Es wird mehr bezahlbare Mietwohnungen, mehr sozialen Wohnungsbau geben, und Familien werden mit dem Baukindergeld unterstützt, wenn sie Eigentum kaufen wollen.
Die Koalition wird dem Entwurf zufolge noch massiver in Bildung und Qualifizierung investieren. So bekommen Langzeitarbeitslose durch einen neu geschaffenen so genannten sozialen Arbeitsmarkt eine Chance, wieder in Arbeit zu kommen.
Die Koalition wird mit gezielten Impulsen bei der Innovationsfähigkeit auch die Wirtschaft unterstützen. Beinahe 40 Milliarden Euro stehen bis 2023 jedes Jahr für Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Bau, Forschung und Entwicklung bereit. Besondere Aufmerksamkeit widmet der Haushaltsplan der digitalen Zukunft. So gibt es Milliardenaufwendungen für den Bereich Künstliche Intelligenz oder den Digitalpakt Schule, mit dem die Schulen bundesweit besser ausgestattet werden können.
Außerdem unterstützt der Bund die Regionen, die vom Braunkohleausstieg besonders stark betroffen sind.
Schließlich der Klimaschutz: Die Koalition wird ihre Anstrengungen nochmal erhöhen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu mindern. Dazu erarbeitet zum Beispiel das extra eingesetzte Klimakabinett derzeit ein Programm für einen Klimaschutzplan 2030 bis 2050. Die konkreten Förderprogramme werden dann durch den so genannten Energie- und Klimafonds finanziert, der Bestandteil des Bundeshaushalts ist.
Grundrente darf nicht am Geld scheitern
Achim Post, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, sagt: „Der Regierungsentwurf bringt solide Finanzen mit starken Investitionen und mehr sozialem Zusammenhalt zusammen.
Es ist eine beachtliche Leistung, einen solchen finanziell soliden und sozial ausgewogenen Zukunftshaushalt auch dann vorzulegen, wenn gleichzeitig die finanziellen und ökonomischen Rahmenbedingungen schwieriger werden.
Selbstverständlich wird über einige Punkte im weiteren parlamentarischen Verfahren noch zu reden sein. Die SPD-Fraktion geht in diese Debatte mit einer klaren Prioritätensetzung: Wir wollen die Steuergelder für Bildung, Digitalisierung, neue Technologien und den sozialen Zusammenhalt unseres Landes nutzen. Und das heißt für uns auch, dass ein so elementares Gerechtigkeitsprojekt wie die Grundrente nicht am Geld scheitern darf.“
Für bezahlbare Mieten: Koalition will Wohngeld stärken
Mit einer Reform des Wohngeldes will die Koalition dafür sorgen, dass Menschen mit wenig Geld auf dem Mietmarkt nicht abgehängt werden. Am Freitag hat der Bundestag in erster Lesung einen Gesetzentwurf der Bundesregierung debattiert.
Für viele Menschen in Deutschland wird es immer schwieriger, bezahlbare Wohnungen zu finden. Vor allem in den Großstädten sind die Mieten in den letzten Jahren enorm gestiegen. Und besonders Menschen mit geringen Einkommen leiden unter dieser Entwicklung. Obwohl viele von ihnen mit dem Wohngeld bereits einen staatlichen Zuschuss erhalten, wird es für sie immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Die Koalition will diese Menschen künftig noch besser unterstützen. Das Ziel des geplanten Gesetzes: Wohnen soll auch für einkommensschwache Haushalte bezahlbar bleiben. Deshalb soll es nicht nur mehr Wohngeld geben, es sollen auch mehr Haushalte Wohngeld erhalten.
Dafür will die Koalition das Wohngeld von 2020 an alle zwei Jahre automatisch an die Miet- und Einkommensentwicklung anpassen. Bisher wurde es nur in unregelmäßigen Abständen angepasst, zuletzt zum 1. Januar 2016.
Zudem will die Bundesregierung die Miethöchstbeträge nach Mietstufen gestaffelt anheben. Die Miethöchstbeträge bestimmen den Betrag der Miete, die mit Wohngeld bezuschusst werden kann. Je höher sie liegen, desto höher kann das Wohngeld für betroffene Mieterinnen und Mieter ausfallen. Die Miethöchstbeträge in den Regionen mit stark steigenden Mieten, vor allem in den Ballungsräumen, werden überdurchschnittlich angehoben.
Außerdem will die Koalition eine neue Mietenstufe VII einführen, mit der der immer stärkeren Mietenspreizung Rechnung getragen wird. Damit können Haushalte in Kreisen und Gemeinden mit einer Abweichung des Mietenniveaus von 35 Prozent und höher gegenüber dem Bundesdurchschnitt nun stärker durch das Wohngeld bezuschusst werden.
Diese Maßnahmen führen insgesamt dazu, dass es vom 01. Januar 2020 an mehr Wohngeld für mehr Menschen geben wird. Von der geplanten Reform profitieren insgesamt rund 660.000 Haushalte. Zum Vergleich: Ohne Neuregelung würde sich die Zahl dieser Haushalte bis Ende 2020 voraussichtlich auf rund 470.000 reduzieren. Rund 180.000 Haushalte werden durch die Reform neu oder wieder einen Anspruch auf Wohngeld erhalten.
Das Wichtigste zusammengefasst:
Mit einer Reform des Wohngeldes will die Koalition Haushalte mit geringen Einkommen bei den Wohnkosten entlasten. Es soll mehr Wohngeld geben, und es sollen mehr Haushalte Wohngeld erhalten. Zudem wird das Wohngeld mit dem geplanten Gesetz erstmals automatisch alle zwei Jahre an die Miet- und Einkommensentwicklung angepasst.
Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
Am Donnerstag hat der Bundestag in 2./3. Lesung den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes verabschiedet.
Mit dem Gesetz soll ein Verlusttatbestand für deutsche IS-Kämpfer eingeführt werden, sofern sie eine zusätzliche Staatsangehörigkeit besitzen. Zudem soll klargestellt werden, dass Menschen, die in Mehrehe leben, nicht eingebürgert werden können. Weitere Änderungen sind eine längere Rücknahmefrist rechtswidriger Einbürgerungen und die Festsetzung einer geklärten Identität als gesetzliche Voraussetzung. Die wichtigsten Punkte im Einzelnen:
IS-Kämpferinnen und -Kämpfer
Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, in das Staatsangehörigkeitsgesetz einen Verlusttatbestand einzufügen, nach dem Deutsche, die sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland konkret beteiligen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie eine zusätzliche Staatsangehörigkeit besitzen. Das betrifft nur Personen, die eine weitere Staatsangehörigkeit (Mehrstaater) haben. Damit wird ausgeschlossen, dass Betroffene durch den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit staatenlos werden.
Das Bundeskabinett hatte am 3. April einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen, der Bundestag am 16. Mai zum ersten Mal darüber debattiert. Am 24 Juni hatte der Innenausschuss eine Anhörung mit Sachverständigen dazu durchgeführt. Deren Empfehlungen wurden nun in einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen eingearbeitet, sodass im Gesetzentwurf Präzisierungen aufgenommen werden.
Identitätsfeststellung
Auch heute schon ist die Klärung offener Identitätsfragen zwingende Voraussetzung für die Einbürgerung. Mit dem Änderungsantrag wird die gesicherte Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit einer Person nun auch als gesetzliche Einbürgerungsvoraussetzung normiert. Diese Regelung ist notwendig, weil ein klares Interesse des Staates besteht, zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann.
Zudem besteht auch ein öffentliches Interesse daran, dass die Einbürgerungsurkunde richtig ist – was eine Überprüfung der Identitätsangaben erforderlich macht.
Für diejenigen, denen eine Klärung ihrer Identität oder Staatsangehörigkeit nicht möglich ist, wird es eine Härtefallregelung geben, die Geflüchteten nützt, die es nicht in Schuld haben, dass eine Klärung ihrer Identität oder Staatsangehörigkeit nicht möglich ist.
Mehrehe/Vielehe
Mit dem Gesetz soll außerdem klargestellt werden, dass Menschen, die in Mehrehe leben, nicht eingebürgert werden können. Denn das Eingehen einer Mehrehe ist nach deutschem Recht strafbar (§ 172 Strafgesetzbuch).
Es ist für die SPD-Bundestagsfraktion vollkommen klar, dass Menschen, die zu uns gekommen sind und heute selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft geworden sind, in viel größerem Umfang eingebürgert werden sollten als bislang. Dieses Vorhaben wird jedoch hinter-trieben, wenn gleichzeitig darauf verzichtet wird, ein mit dem Grundgesetz unvereinbares patriarchales Eheverständnis zu einem Ausschlussgrund bei der Einbürgerung zu erklären. Für das deutsche Verständnis ist die Einehe prägend, was sich nicht nur aus dem strafrechtlichen Verbot der Mehrehe, sondern auch aus den einschlägigen zivil- und verfassungsrechtlichen Vorschriften ergibt.
Wegen der gesellschaftlich-kulturellen Prägung und der straf- und verfassungsrechtlichen Verankerung der Einehe ist es notwendig, den Grundsatz der Einehe nicht nur für die Einbürgerung von Ehegatt*innen oder Lebenspartner*innen deutscher Staatsangehöriger – wie heute schon im Gesetz vorgeschrieben –, sondern grundsätzlich auch von allen übrigen Einbürgerungsbewerber*innen zu verlangen.
Vor diesem Hintergrund wird nun klargestellt, dass Personen, die in Mehrehe leben, nicht eingebürgert werden können. Dafür werden §§ 8 und 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) dahingehend ergänzt, dass eine „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ bei einer Einbürgerung nach diesen Vorschriften gewährleistet sein muss.
Das Tatbestandsmerkmal „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ ist übrigens nicht neu. Es findet sich auch jetzt schon im gelten Recht. Da solch ein Ausschlussgrund im geltenden Recht für die Einbürgerung von Ehegatt*innen bereits geregelt ist, ist es erst recht erforderlich, auch für Einbürgerungen nach §§ 8 und 10 StAG einen entsprechenden Ausschlussgrund zu schaffen.
Und weil kulturelle oder politische Einstellungen dabei keine Rolle spielen, kann keine Rede davon sein, dass die Einbürgerungsvoraussetzung der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ eine wie auch immer ausgestaltete Leitkulturprüfung erforderlich macht oder ermöglicht. Vielmehr dient die Formulierung nur als Ausschlussgrund für Fälle von Mehrehe.
Das wird die Koalition jetzt noch klarer herausstellen. Dafür wird mithilfe des oben genannten Änderungsantrages die Einbürgerungsvoraussetzung der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ in § 10 Staatsangehörigkeitsrecht um den Zusatz ergänzt, dass die betreffende Person „insbesondere […] nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist“. Diese Ergänzung geht zurück auf einen Vorschlag mehrerer Sachverständiger bei der öffentlichen Anhörung.
Durch die Ergänzung wird die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ konkretisiert, indem Mehrehe als Regelbeispiel normiert wird. So wird auch gesetzlich festgelegt, was das Parlament als Gesetzgeber unter diesem Begriff versteht, damit es hinterher nicht zu Auslegungsproblemen kommt.
Diese Formulierung bedeutet ausdrücklich nicht, dass mit der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse viele weitere Konstellationen neben der Mehrehe gemeint sind. Vielmehr gibt der Zusatz „insbesondere“ vor, dass mögliche andere Fälle in Schwere und Bedeutung dem der Mehrehe entsprechen müssen. Dadurch ist sichergestellt, dass niemand eigenmächtig oder gar willkürlich von der Einbürgerung ausgeschlossen wird.
Rücknahmefrist
Im aktuell geltenden Recht heißt es: „Eine rechtswidrige Einbürgerung oder eine rechtswidrige Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit kann nur zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für seinen Erlass gewesen sind, erwirkt worden ist.“ Dafür gilt eine Rücknahmefrist von fünf Jahren.
In der Praxis zeigt sich aber, dass das nicht genügt, denn häufig ergeben sich erst deutlich im Nachhinein Anhaltspunkte dafür, dass vorsätzlich eine falsche Identität angegeben, ein falsches Bekenntnis oder andere falsche Erklärungen zu extremistischen Betätigungen abgegeben wurden. Deshalb wird die bestehende Fünf-Jahres-Rücknahmefrist auf zehn Jahre verlängert. Diese Regelung zielt – wie bisher – nur auf diejenigen ab, die bewusst und vorsätzlich falsche Angaben zu ihrer Identität oder Staatsangehörigkeit gemacht haben. Es geht nicht um eine Staatsangehörigkeit auf Probe.
Das Wichtigste zusammengefasst:
Der Bundestag hat Änderungen beim Staatsangehörigkeitsrecht beschlossen. Das entsprechende Gesetz sieht vor, dass Deutsche mit einer weiteren Staatsangehörigkeit, die an Kampfhandlungen für eine terroristische Vereinigung im Aus-land teilgenommen haben, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Weitere Regelungen betreffen insbesondere den Ausschluss der Einbürgerung bei Mehrehen und die Voraussetzungen einer geklärten Identität.
Für eine reibungslose Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde das Bundesteilhabegesetz verabschiedet, um die bisherigen Leistungen für Menschen mit Behinderungen zu einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln.
Die Leistungen der Eingliederungshilfe für Behinderte werden vom 1. Januar 2020 an vereinfacht und auf Personen fokussiert werden. Zukünftig wird es keine Unterscheidung nach ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen mehr geben. Die Unterstützung erwachsener Menschen mit Behinderungen wird nicht mehr an eine bestimmte Wohnform geknüpft, sondern am notwendigen individuellen Bedarf ausgerichtet sein.
Mit den Änderungen des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, die der Bundestag am Freitag beraten hat, sollen mehr Rechtssicherheit und Klarheit für den anstehenden Systemwechsel geschaffen werden.
Ein Großteil der Änderungen ist das Ergebnis der Empfehlungen der vom Bundessozialministerium eingerichteten „Arbeitsgruppe Personenzentrierung“, der unter anderem die Leistungsträger, Leistungserbringer und Fachverbände für Menschen mit Behinderungen angehören.
Im Jahr 2018 wurden so Vorschläge zur verbesserten Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes erarbeitet, die mit diesen Änderungen beraten werden. Dazu gehört zum Beispiel auch mehr Klarheit hinsichtlich der Regelungen für die Unterkunftskosten der besonderen Wohnform.
Das Wichtigste zusammengefasst:
Mit einer geplanten Änderung des Neunten und Zwölften Sozialgesetzbuches sollen die bereits beschlossen Verbesserungen bei Leistungen der Eingliederungshilfe für Behinderte rechtssicher vorbereitet werden für einen Systemwechsel. Denn künftig wird es keine Unterscheidung nach ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen mehr geben.
Tourismusstandort Deutschland stärken
Die Tourismusbranche in Deutschland ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Mit einer nationalen Tourismusstrategie wollen die Fraktionen von SPD und CDU/CSU diese Entwicklung fördern und ausbauen. Dazu hat der Bundestag am Donnerstag einen Antrag der Koalitionsfraktionen diskutiert.
Deutschland steht weltweit bei den beliebtesten Reisezielen auf Platz acht, mit insgesamt 477 Millionen Gästeübernachtungen im Jahr 2018. Fast drei Millionen Beschäftigte arbeiten hierzulande in der Tourismusbranche.
Als personalintensive Dienstleistungsbranche schafft sie zudem Arbeitsplätzen sowie gute Einstiegs- und Aufstiegschancen auch für gering qualifizierte Arbeitskräfte. Insbesondere im Gastgewerbe haben bereits viele Geflüchtete Arbeits- und Ausbildungsplätze gefunden. Und: Diese Arbeitsplätze sind an den Standort Deutschland gebunden und nicht exportierbar. Tourismus leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung vor Ort und zur Sicherung der kommunalen und regionalen Infrastruktur.
Im Koalitionsvertrag haben SPD, CDU und CSU deshalb vereinbart, die touristische Entwicklung in Deutschland nachhaltig zu stärken. Die Bundesregierung hatte im April ihre Eckpunkte für eine nationale Tourismusstrategie vorgelegt und einen bundesweiten Dialogprozess gestartet. Ziel ist es, die inländische Wertschöpfung zu erhöhen, die Lebensqualität der Menschen nachhaltig zu steigern und einen Beitrag zur internationalen Stabilität zu leisten.
Nachhaltige Tourismusförderung
Ergänzend dazu haben die Fraktionen von SPD und CDU/CSU nun ihren Antrag „Mit nationaler Tourismusstrategie den Standort Deutschland stärken“ in den Bundestag eingebracht. Sie machen darin Vorschläge für eine echte Strategie in Sachen Tourismus. Dabei geht es vor allem um eine zukunftsgerichtete, nachhaltige Tourismusförderung.
Denn auch die Tourismusbranche steht vor großen Herausforderungen: Klimawandel, Digitalisierung, demografischer Wandel vor allem auf dem Land oder der Fachkräftemangel betreffen die Branche ebenso wie andere Wirtschaftszweige. Dem wollen die Fraktionen Abgeordneten von SPD und Union mit einem ganzheitlich wirtschaftspolitischen Ansatz begegnen.
Die im Antrag genannten Maßnahmen zielen unter anderem darauf, die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und der Tourismuswirtschaft zu vertiefen, um so die Rahmenbedingungen für den Tourismus in Deutschland zu verbessern.
Außerdem soll der Tourismus besser gefördert werden: mit vereinfachten Förderverfahren und besserer Information und Beratung zu öffentlichen Förderinstrumenten.
Das Wichtigste zusammengefasst:
Die Tourismusbranche ist eine Schlüsselbranche mit vielen sicheren Arbeitsplätzen. Die Koalitionsfraktionen machen sich deshalb mit einem gemeinsamen Antrag für eine nationale Tourismusstrategie stark. Bund, Länder und die Akteure der Tourismusbranche sollen gemeinsam daran arbeiten, die Branche unter sozialen, ökologischen und nachhaltigen Aspekten weiter zu stärken.
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