Kurzarbeitergeld wird erhöht
Höheres Kurzarbeitergeld, längeres Arbeitslosengeld, Unterstützung für Familien mit kleinem Budget: Der Bundestag hat das „Sozialschutz-Paket II“ beschlossen. Das Gesetz sieht wichtige Hilfen vor, um soziale Auswirkungen der Corona-Pandemie zu begrenzen.
Das Kurzarbeitergeld ist ein sehr wirkungsvolles Instrument, um Arbeitsplätze zu sichern und Brücken über die Zeit der Krise zu bauen. Für die Beschäftigten bedeutet das, dass sie ihren Job behalten. Es bedeutet aber bislang auch, dass sie auf bis zu 40 Prozent ihres Lohns verzichten. Über mehrere Monate hinweg mit erheblichen Lohneinbußen zurechtzukommen, ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber nur schwer möglich.
Darum haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der Koalition durchgesetzt, dass das Kurzarbeitergeld erhöht wird, wenn Beschäftigte aufgrund der Corona-Krise weniger als 50 Prozent arbeiten. Demnach wird das Kurzarbeitergeld ab dem vierten Monat von 60 auf 70 Prozent (bzw. von 67 auf 77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent (bzw. 87 Prozent) erhöht.
Außerdem werden die Möglichkeiten erweitert, sich etwas hinzuzuverdienen: Bislang wurden nur Hinzuverdienste aus systemrelevanten Tätigkeiten nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Jetzt bleiben Hinzuverdienste aus allen Tätigkeiten anrechnungsfrei, wenn sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld die Höhe des bisherigen Monatseinkommens nicht überschreiten. Die Neuregelungen zur Kurzarbeit gelten bis zum 31. Dezember 2020.
Das Gesetz sieht außerdem vor, soziale Härten für Arbeitslose abzufedern. Wer seine Arbeit verloren hat, hat es derzeit besonders schwer: Vermittlung und Weiterbildung sind eingeschränkt, die Chancen gerade jetzt eine Stelle zu finden gering. Deshalb wird das Arbeitslosengeld I für diejenigen um drei Monate verlängert, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 enden würde.
Familien, die zusätzlich zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Kita- und Schulschließungen betroffen sind, leiden besonders unter den Folgen der Pandemie. Gerade Eltern mit kleinem Budget werden deshalb besonders unterstützt. Für Kinder aus bedürftigen Familien wird das kostenlose warme Mittagessen gesichert, das sie normalerweise in der Schule oder der Kita erhalten. Damit sie in der aktuellen Situation auch zu Hause nicht darauf verzichten müssen, können die Kommunen die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket so flexibel einsetzen, dass das kostenlose Essen den Kindern nach Hause oder zur Abholung an die Schule geliefert wird. Auch die Lieferkosten werden übernommen.
Soziale Dienste und Einrichtungen engagieren sich besonders, um in der Corona-Krise Hilfe zu leisten. Indem nun auch Frühförderstellen in das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz aufgenommen werden, wird deren wichtige Arbeit zur Förderung von Kindern mit Behinderungen oder Entwicklungsauffälligkeiten gesichert.
Die Funktionsfähigkeit von Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit muss gewährleistet bleiben: Seine Rechte einklagen zu können, ist auch während der Corona-Krise wichtig und kann nicht auf Eis gelegt werden. Dem trägt das Sozialschutzpaket II Rechnung.
Schließlich wird mit dem Gesetz sichergestellt, dass Waisenrenten auch dann (weiter-)gezahlt werden, wenn Ausbildungen und Freiwilligendienste durch die Corona-Pandemie später als üblich beginnen.
Pflege-Bonus in der Altenpflege
Angesichts der Corona-Pandemie hat der Bundestag weitere Maßnahmen beschlossen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und die Auswirkungen auf das Gesundheitswesen zu bewältigen. Beschäftigte in der Altenpflege erhalten eine Sonderzahlung.
Das Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, das der Bundestag jetzt beschlossen hat, sieht eine ganze Reihe von Regelungen vor. Mit ihnen sollen der Infektionsschutz gestärkt und negative Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten, Krankenhäuser, Pflegekräfte sowie auf Studierende und Auszubildende in Gesundheitsberufen aufgefangen oder abgeschwächt werden.
Vorgesehen ist unter anderem, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) Tests auf eine Infektion oder Immunität für ihre Versicherten vergüten muss. So wird sichergestellt, dass die Kassen die Tests auch dann bezahlen, wenn keine Corona-Symptome vorhanden sind. Auch die Gesundheitsämter werden grundsätzlich in die Lage versetzt, Corona-Tests durchzuführen.
Zudem wird der öffentliche Gesundheitsdienst gestärkt. Hier wird durch Maßnahmen des Bundes vor allem die Digitalisierung vorangetrieben. Beim Robert-Koch-Institut wird dauerhaft eine Kontaktstelle für den öffentlichen Gesundheitsdienst eingerichtet.
Unterstützung für pflegende Angehörige
Drei von vier Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause versorgt. Ihre Angehörigen leisten Herausragendes für die Pflegebedürftigen und unsere Gesellschaft insgesamt. Von den Auswirkungen der aktuellen Corona-Pandemie sind sie besonders betroffen. Um pflegende Angehörige in dieser Zeit zu unterstützen, haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wichtige Verbesserungen bereits bestehender Instrumente erreicht.
So kann Pflegeunterstützungsgeld für bis zu zwanzig Arbeitstage pro Pflegebedürftigen in Anspruch genommen werden. Für die Ankündigung von Pflegezeit und Familienpflegezeit wird eine einheitliche Ankündigungsfrist von zehn Arbeitstagen gelten. Wird oder wurde eine Freistellung in der Vergangenheit für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommen, kann der verbleibende Zeitraum auch zu einem späteren Zeitpunkt genommen werden. Bei der Familienpflegezeit wird außerdem ein vorübergehendes Unterschreiten der wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden ermöglicht.
Bei Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1 kann der Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich flexibler eingesetzt werden.
Sonderleistung für die Altenpflege
Das Gesetz enthält darüber hinaus eine Regelung zur Zahlung und Refinanzierung einer einmaligen Sonderleistung (Pflege-Bonus) in der Altenpflege. Zugelassene Pflegeeinrichtungen werden demnach zur Zahlung von gestaffelten Sonderleistungen von bis zu 1.000 Euro an ihre Beschäftigten verpflichtet. Die Prämien können durch die Länder und Arbeitgeber weiter aufgestockt werden. Die Aufwendungen werden den Pflegeeinrichtungen zunächst durch die soziale Pflegeversicherung erstattet und im Voraus gezahlt; die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich anteilig an den Kosten im ambulanten Bereich. Die Länder und die Arbeitgeber in der Pflege können den Pflege-Bonus ergänzend bis zur Höhe der steuer- und sozialversicherungsabgabenfreien Summe von 1.500 Euro aufstocken.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2020 werden das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesfinanzministerium miteinander festlegen, in welchem Umfang die Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung Zuschüsse des Bundes zur Stabilisierung der jeweiligen Beitragssätze erhalten. Dies wird auch die Frage der Refinanzierung dieser einmaligen Prämie umfassen.
Um sicherzustellen, dass auch in Zeiten von Corona die Ausbildung in den Gesundheitsberufen erfolgreich durchgeführt werden kann, werden Rechtsgrundlagen für mögliche Flexibilisierungen in den Ausbildungen geschaffen. Das gilt unter anderem für das Studium der Medizin und die Ausbildung in Pflegeberufen.
Veranstalter stützen, Verbraucher schützen
Aufgrund der Corona-Pandemie müssen derzeit viele Konzerte und Veranstaltungen abgesagt werden. Schwimmbäder, Vergnügungsparks und andere Freizeiteinrichtungen bleiben geschlossen. Um Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen und zugleich eine Insolvenzwelle bei Veranstaltern und Betreibern von Freizeiteinrichtungen zu verhindern, wird das Veranstaltungsvertragsrecht geändert.
Die Corona-Pandemie stellt Freizeiteinrichtungen und die Veranstaltungsbranche vor große Herausforderungen. Viele bereits gekaufte Eintrittskarten für Konzerte, Festivals, Lesungen oder Sportwettkämpfe können aufgrund der notwendig gewordenen Absagen nicht eingelöst werden. Sportstudios oder Schwimmbäder können nicht besucht werden.
Wer bereits Eintrittskarten oder Saison- und Jahrestickets gekauft hat, soll das dafür investierte Geld nicht verlieren. Gleichzeitig soll den Veranstaltern und Betreibern nicht der Boden unter den Füßen entzogen werden. Denn die unmittelbare Zurückerstattung von bezahlten Eintrittsgeldern, die das geltende Recht für den Normalfall vorsieht, wäre in der derzeitigen Sondersituation mit erheblichen Liquiditätseinbußen für Veranstalter und Betreiber verbunden. Sie hatten aber meist bereits erhebliche Kosten für Planung, Werbung und Organisation. Oft sind sie mit Gagen für Künstlerinnen und Künstler oder mit Ausgaben für Veranstaltungstechnik in Vorleistung gegangen, haben aber infolge der Krise kaum neue Einnahmen. Müssten sie nun kurzfristig die Eintrittspreise für sämtliche abgesagten Veranstaltungen erstatten, wären viele von ihnen in ihrer Existenz bedroht. Eine Insolvenzwelle wäre nicht nur schädlich für die Gesamtwirtschaft und das kulturelle Angebot. Sie würde voraussichtlich auch dazu führen, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher keine Rückerstattung erhalten würden. Diese Folgen sollen verhindert werden.
Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag jetzt beschlossen. Wenn eine Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte oder kann, ist der Veranstalter demnach berechtigt, der Inhaberin oder dem Inhaber einer Eintrittskarte statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein in Höhe des Eintrittspreises auszustellen. Dieser Wertgutschein kann dann entweder für die Nachholveranstaltung oder alternativ für eine andere Veranstaltung des Veranstalters eingelöst werden. Analoge Regelungen gelten für Freizeiteinrichtungen.
Die Inhaberin oder der Inhaber eines solchen Gutscheins kann jedoch die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen, wenn die Annahme eines Gutscheins für sie oder ihn aufgrund der persönlichen Lebensverhältnisse unzumutbar ist oder wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wird. In letzterem Fall entspricht der Gutschein einer bloßen Stundung des Erstattungsanspruchs.
Durch die Regelungen soll in der derzeitigen Ausnahmesituation ein fairer Interessenausgleich erreicht werden zwischen der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Bundestag berät Steuerhilfe-Gesetz
Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch Arbeitgeber soll bis zu einer bestimmten Höhe steuerfrei gestellt werden. Gastronomiebetrieben wird durch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen geholfen. Das sieht der Entwurf eines Corona-Steuerhilfegesetzes vor.
Bund und Länder haben in den letzten Wochen bereits steuerliche Erleichterungen in Milliardenhöhe umgesetzt, um Unternehmen und Beschäftigte bei der Bewältigung der Corona-Pandemie zu unterstützen. Mit dem geplanten Corona-Steuerhilfegesetz, das die Koalitionsfraktionen in den Bundestag eingebracht haben, sollen weitere steuerliche Maßnahmen umgesetzt werden.
Der Gesetzentwurf sieht vor, die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie ab dem 1. Juli 2020 befristet bis zum 30. Juni 2021 auf den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent abzusenken. Gastronomiebetriebe, die derzeit von hohen Umsatzeinbußen betroffen sind, sollen so nach der schrittweisen Öffnung einen Teil ihrer Einbußen ausgleichen können. Die Maßnahme soll befristet werden, weil sie als Anschub für die Zeit nach der Krise gedacht ist.
Des Weiteren soll die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch Arbeitgeber bis zu einer bestimmten Höhe steuerfrei gestellt werden. Beschäftigte bekommen von der Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent des letzten Nettogehalts (bzw. 67 Prozent für Haushalte mit Kindern). Künftig erhöht sich das Kurzarbeitergeld bei längerem Bezug auf bis zu 80 (bzw. 87) Prozent. Viele Arbeitgeber stocken das Kurzarbeitergeld ihrer Beschäftigten auf, manche auf Grundlage eines Tarifvertrags, andere freiwillig. Diese Praxis soll dadurch unterstützt werden, dass Aufstockungen bis zu einer Höhe von 80 Prozent des Gehalts steuerfrei bleiben und nicht mehr wie bisher als steuerpflichtiger Arbeitslohn gelten. Schon jetzt müssen auf eine Aufstockung bis auf 80 Prozent keine Sozialabgaben gezahlt werden. Die Maßnahme soll bis zum 31. Dezember 2020 befristet werden.
Außerdem wird die Übergangsregelung für die Umsetzung der neu geregelten Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts um zwei Jahre bis Ende 2022 verlängert. Damit soll Kommunen ausreichend Zeit für die Umsetzung der neuen Vorschriften gegeben werden.
Europäische Solidarität in der Corona-Krise
Euro-Länder, die wegen der Corona-Pandemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten, sollen Kredite zur Finanzierung von gesundheitspolitischen Maßnahmen aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erhalten können. Einer entsprechenden Vereinbarung der Euro-Finanzminister hat der Bundestag jetzt zugestimmt.
Die Finanzminister der Eurozone haben am 9. April 2020 Finanzhilfen im Umfang von über 500 Milliarden Euro beschlossen, um Mitgliedstaaten zu unterstützen, die wirtschaftlich besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind. Die Finanzhilfen umfassen drei Bausteine: Mit einem neuen Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank soll kleinen und mittleren Unternehmen geholfen werden. Das neue EU-Instrument SURE dient der finanziellen Unterstützung von Kurzarbeit. Darüber hinaus soll eine vorsorgliche Kreditlinie (ECCL) aus dem bereits bestehenden Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zur Stärkung von Gesundheitssystemen ausgegeben werden.
Mit der ESM-Kreditlinie sollen Euro-Staaten, die wegen Corona unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, Kredite bis zu zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für gesundheitspolitische Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden. So könnte beispielsweise Italien bis zu 36 Milliarden Euro als Kredit erhalten. Diese Kredite sollen nicht wie die Hilfen in der Finanzkrise vor zehn Jahren konditioniert werden. Sie dürfen zur Finanzierung von direkten und indirekten Folgen für das Gesundheitssystem verwendet werden.
Auf Antrag des Bundesfinanzministeriums hat der Deutsche Bundestag der Bereitstellung dieser ESM-Kreditlinie nun grundsätzlich zugestimmt. Wenn ESM-Mitgliedstaaten im nächsten Schritt Kredite konkret beantragen, muss der Deutsche Bundestag erneut an der Entscheidung beteiligt werden.
Das Instrument ist ein wichtiger Beitrag für eine gemeinsame und solidarische europäische Antwort auf die Corona-Pandemie. Als nächster Schritt muss nun zügig ein starkes und solidarisches europäisches Wiederaufbauprogramm hinzukommen, das über Kredite hinaus auch echte Investitionszuschüsse für den Wiederaufbau in Europa mobilisiert.