Der Bundestag hat das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz verabschiedet. Wie werden mit dem Gesetz die Grundrechte der Bürger geschützt? Wieviel Mitsprache hat der Bundestag jetzt? Gibt es eine Impfpflicht? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Da die in den Ländern beschlossenen Corona-Schutzmaßnahmen teilweise massiv in die Grundrechte der Bürger*innen eingreifen, hat die SPD-Bundestagsfraktion von Anfang an einen klareren und bundesweit einheitlichen gesetzlichen Rahmen für die Corona-Schutzmaßnahmen der Länder gefordert und in den parlamentarischen Beratungen auch durchgesetzt. Mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz, das am Mittwoch beschlossen wurde, werden dazu Anpassungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgenommen.
Die derzeitige Lage ist in jeglicher Hinsicht außergewöhnlich: Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist eine weitreichende Reduzierung von Kontakten erforderlich, da sich das Virus oftmals symptomfrei und daher zunächst unerkannt weiterverbreitet. Bei wem sich ein schwerer Verlauf entwickelt, lässt sich im Vorwege nicht sagen.
Insbesondere ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen sind darum auf ein solidarisches Handeln der gesamten Gesellschaft angewiesen. Aber auch jüngere Menschen haben teilweise mit massiven Spätfolgen einer COVID-19-Erkrankung zu kämpfen, die es zu verhindern gilt. Den Staat trifft diesbezüglich eine Pflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zum Schutz von Gesundheit und Leben.
Zur Erfüllung dieser grundgesetzlichen Pflicht ergreifen die Landesregierungen derzeit umfangreiche Schutzmaßnahmen, die eine unkontrollierte Weiterverbreitung des Coronavirus verhindern sollen. Diese sind notwendig, um die zweite Infektionswelle zu brechen, die trotz des erheblich ausgeweiteten Schutzes vulnerabler Gruppe zu einer Zunahme der schweren Verläufe und Todesfälle geführt hat und unser Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit treibt.
Notwendig ist es aber auch, die Maßnahmen kontinuierlich auf ihre Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit hin zu überprüfen. Dabei dürfen nicht nur gesundheitspolitische Ziele eine Rolle spielen, sondern auch die sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Der Bundestag hat die Pflicht, die Regierung zu kontrollieren und den Spielraum, innerhalb dessen sich die Regierung bewegen darf, präzise zu definieren. Genau diese Aufgabe wird mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz erfüllt.
Was wird im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz geändert?
Ziel der Änderungen am Infektionsschutzgesetz ist es, einen effektiveren Grundrechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger, eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Exekutive und mehr Rechtssicherheit im Corona-Krisenmanagement zu erreichen. Hierzu wird in dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz in einem neuen § 28a IfSG konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen, welche Grundrechte wie lange und zu welchem Zweck im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eingeschränkt werden dürfen.
Bislang sah das Gesetz eine sehr weite Generalklausel vor. Dieser Spielraum wird nun durch den Deutschen Bundestag auf Drängen der SPD inhaltlich und prozessual eingeengt und die Bundesregierung dem Bundestag gegenüber einer regelmäßigen Berichtspflicht über die Entwicklung der Pandemie unterworfen.
Darüber hinaus werden Anpassungen im Infektionsschutzgesetz vorgenommen, um die Länder, die Gesundheitsämter, die Krankenhäuser oder die Pflege-, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen bei der Bekämpfung der Pandemie weiter zu unterstützen. Vorbereitet wird außerdem der Start der Impfstrategie zum 16. Dezember, die Testkapazitäten werden erhöht, beispielsweise durch die Einbeziehung der veterinärmedizinischen Labore, und die Überwachung der Impfungen in den Impfzentren wird sichergestellt.
Außerdem werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Krankenhäuser noch im Dezember weitere finanzielle Hilfe erhalten können. Das ist wichtig, weil Krankenhäuser zunehmend COVID-19-Patienten zu behandeln haben und dafür die notwendigen personellen und sachlichen Kapazitäten bereithalten müssen.
Durch welche Änderungen sollen die Grundrechte in der Pandemie geschützt werden?
Statt einer unbestimmten Generalklausel sieht der neue § 28a IfSG nun eine Auflistung von 17 konkreten Maßnahmen vor, die einzeln oder zusammen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen werden können. Diese Maßnahmen wurden auf Grundlage der Erfahrungen der Länder in der Virusbekämpfung ausgewählt (z.B. Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum, Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten, Untersagungen und Beschränkungen von Sportveranstaltungen oder Schließungen oder Beschränkungen des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen).
Das Gesetz legt außerdem fest, welche Maßnahmen mit welcher Eingriffsschwere bei welchem Infektionsgeschehen von den Bundesländern getroffen werden können. Hierdurch schaffen wir einen klareren Rechtsrahmen: Die Landesregierungen erhalten konkretere rechtliche Leitplanken, innerhalb derer sie sich bewegen dürfen, und das Corona-Krisenmanagement wird für die Bürgerinnen und Bürger transparenter gestaltet.
Besonders grundrechtssensible Bereiche wie die Religions- oder Versammlungsfreiheit können nur eingeschränkt werden, wenn eine wirksame Eindämmung des Corona-Virus auf andere Art nicht gewährleistet werden kann. Gleiches gilt für die Anordnung von Ausgangssperren (nach denen das Verlassen der Wohnung nur zu bestimmten Zeiten oder zu bestimmten Zwecken zulässig wäre) oder Besuchsverbote in Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Auch diese Maßnahmen dürfen nur ergriffen werden, wenn kein milderes Mittel erfolgsversprechend ist. Die Schutzmaßnahmen dürfen nicht zur vollständigen Isolation von einzelnen Personen oder Gruppen führen. Ein Mindestmaß an sozialen Kontakten muss immer gewährleistet bleiben.
Außerdem wird klargestellt, dass die Länder bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen auch soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit zu berücksichtigen haben und dass Schutzmaßnahmen nur angeordnet werden können, solange und soweit es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Damit wird der Verordnungsgeber zu einer strikten Wahrung der Verhältnismäßigkeit gezwungen. Detailliert regeln wir auch die Kontaktdatenerhebung: Hier gibt der Bundestag den Landesregierungen vor, dass Daten nur zum Zwecke der Nachverfolgung erhoben werden dürfen und diese spätestens vier Wochen nach Erhebung zu löschen sind.
Eine Verbesserung des Grundrechtsschutzes wird auch durch neue Verfahrensvorschriften erreicht. So müssen die Rechtsverordnungen der Länder, mit denen Corona-Schutzmaßnahmen angeordnet werden, in Zukunft begründet werden. Dies hat nicht nur den ganz großen Vorteil, dass alle Bürgerinnen und Bürger die Erwägungsgründe besser nachvollziehen können.
Es führt auch dazu, dass die jeweilige Landesregierung bei Erlass der Verordnung die Erforderlichkeit der Maßnahmen nochmals eingehend prüfen muss. Die Maßnahmen sind in Zukunft auch grundsätzlich auf zunächst vier Wochen zu befristen und können nur mit einer erneuten Entscheidung der Landesregierung verlängert werden. Befristungen lösen einen neuen Handlungs- und politischen Rechtfertigungsbedarf bei Gesetz- und Verordnungsgeber aus und frischen damit die Legitimation der getroffenen Maßnahmen auf.
Diese Verbesserungen des Grundrechtsschutzes sind entscheidend auf die Initiative der SPD zurückzuführen.
Wie wird eine stärkere Rolle des Bundestages sichergestellt?
Durch den Beschluss des Dritten Bevölkerungsschutzgesetzes gibt der Bundestag den Landesregierungen konkretere rechtliche Leitplanken vor.
Zukünftig muss die Bundesregierung den Bundestag regelmäßig über die Entwicklung der epidemischen Lage unterrichten, was ein wichtiges Instrument der parlamentarischen Kontrolle ist. Ein informiertes Parlament kann kritischere Fragen stellen, konkretere Position beziehen und wenn nötig die Bundesregierung zu einem bestimmten Handeln auffordern oder sogar Entscheidungen der Bundesregierung per Gesetz zurückholen.
In den sozialen Netzwerken ist von einem Ermächtigungsgesetz die Rede, stimmt das?
Der hier gezogene Vergleich ist für uns Sozialdemokratinnen und -demokraten unerträglich. Mit dem Ermächtigungsgesetz begann die Nazi-Diktatur, die im Holocaust endete. Dieser Vergleich ist ein Hohn für alle Opfer des Nationalsozialismus.
Er ist auch inhaltlich falsch: Das Parlament macht den Landesregierungen mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz strengere Vorgaben, als dies bislang der Fall war. Es handelt sich also eher um ein Begrenzungsgesetz. Auch hat das Parlament in den Verhandlungen auf eine Streichung des viel zu weiten § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG gedrungen, der bislang dem Bundesgesundheitsminister weitreichende Befugnisse eingeräumt hatte. Die Befugnisse der Regierung werden also deutlich reduziert.
Es wird auch behauptet, dass alle Corona-Maßnahmen seit März 2020 verfassungswidrig gewesen seien, stimmt das?
Nein. Die Rechtsprechung hat bestätigt, dass zu einer Zeit, in der über Art und Ausmaß der Gefährlichkeit von COVID-19 sowie über die zu ihrer Abwehr ergreifenden Maßnahmen Unklarheit herrscht, zur effektiven Gefahrenabwehr Schutzmaßnahmen zunächst auch auf eine Generalklausel gestützt werden können. Eine solche Generalklausel zum Infektionsschutz findet sich in § 28 IfSG. Hierin hatte der Bundesgesetzgeber bewusst eine offene Formulierung gewählt, um den Infektionsschutzbehörden insbesondere bei einem dynamischen Infektionsgeschehen ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen an die Hand zu geben. Dass § 28 IfSG bislang eine taugliche Rechtsgrundlage war, haben mehrere Oberverwaltungsgerichte bestätigt.
Weil sich jetzt aber abzeichnet, dass die Eingriffe kein kurzfristiges Provisorium mehr darstellen, sondern möglicherweise länger andauern, ist es verfassungsrechtlich notwendig, das Corona-Krisenmanagement auf eine konkretere gesetzliche Grundlage zu stellen, die Vorgaben macht und Grenzen zieht. Dieser Zeitpunkt kam für uns in dem Moment, in dem absehbar war, dass es eine zweite Infektionswelle geben wird.
Stimmt es, dass die Maßnahmen auf Dauer angelegt sind?
Nein. Die Möglichkeit, Schutzmaßnahmen nach § 28a IfSG zu ergreifen, ist an die Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag gekoppelt. Diese ist zunächst befristet bis zum 31.03.2021.
Durch eine Änderung im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz wird für die epidemische Lage nationaler Tragweite nun zudem eine Definition eingefügt, sodass der Bundestag eine weitere Feststellung des Fortbestehens der Lage nur vornehmen kann, wenn entweder die WHO weiterhin eine Pandemie ausgerufen hat oder eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in Deutschland stattfindet. Das Vorliegen dieser Parameter ist rechtlich überprüfbar. Entgegen vieler Behauptungen in den sozialen Medien würde dieses Kriterium auch keine „Schnupfen“-Pandemie erfüllen. Vielmehr ist in § 2 Abs. 3a IfSG als bedrohliche übertragbare Krankheit eine übertragbare Krankheit zu verstehen, die auf Grund klinisch schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit verursachen kann. Eine von einer Pandemie losgelöste Grundrechtsbeeinträchtigung kann es darum nicht geben.
Außerdem schreiben wir wie schon ausgeführt den Landesregierungen vor, dass deren Rechtsverordnungen nur befristet erlassen werden dürfen.
Stimmt es, dass es eine Impfpflicht geben soll?
Nein. Eine Impfpflicht wird im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz nicht geregelt und ergibt sich auch nicht mittelbar aus dem Gesetz. Richtig ist, dass die Bundesregierung in § 36 Abs. 10 IfSG eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung erhält, in der Personen, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und die einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt waren, zur Vorlage einer Impfdokumentation verpflichtet werden können.
Das heißt aber nicht, dass ungeimpfte Personen, beispielsweise Deutsche, die in Risikogebieten Urlaub machen wollen oder gemacht haben, nicht wieder einreisen dürften, ohne sich „zwangsimpfen“ zu lassen. Für diese Einreisenden gelten dann aber weiter die Sicherheitsbestimmungen wie Quarantäne und Testpflicht. Das gilt für Menschen, die über eine Schutzimpfung verfügen, dann selbstverständlich nicht.
Voraussichtlich ab Dezember wird in Deutschland ein SARS-CoV-2-Impfstoff zunächst in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, auf den dann, in einem ersten Schritt für bestimme Bevölkerungsgruppen, ein Anspruch besteht. Durchgeführte Impfungen müssen, wie alle anderen Schutzimpfungen auch, gemäß § 22 IfSG in den Unterlagen des impfenden Arztes und in einem persönlichen Dokument dokumentiert werden (Impfausweis, Impfbescheinigung, Impfzertifikat, Impfpass, certificate of vaccination, immunization card, vaccination card). Bei Einreise muss das zuständige Gesundheitsamt Klarheit darüber haben, ob die eingereiste Person über einen Impfschutz verfügt oder nicht. Das Gesundheitsamt muss ja auch wissen, ob die Person getestet worden ist oder nicht. Davon hängen gegebenenfalls notwendige Schutzmaßnahmen ab.
Sollte die Bundesregierung eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen, wäre diese zudem an das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite in § 5 IfSG geknüpft und würde außer Kraft treten, wenn die Lage nicht mehr besteht. Es wird noch einmal ganz klargestellt: Mir dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz wird ein Anspruch auf die Schutzimpfung geregelt. Eine Impfpflicht ergibt sich hieraus nicht. Eine Impfpflicht stand und steht nicht zur Debatte, eine solche will niemand.
Stimmt es, dass mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz der Einsatz der Bundeswehr im Innern geregelt wird?
Nein. Auch im bisher geltenden Infektionsschutzgesetz gab es die angesprochene Vorschrift, § 54 a IfSG „Vollzug durch die Bundeswehr“, bereits. Hier geht es nicht darum, dass die „Bundeswehr im Rahmen einer Pandemie in Deutschland gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt“ werden soll.
Die Vorschrift richtet sich ausschließlich nach innen, in die Bundeswehr hinein. Zweck der Vorschrift ist es, den Infektionsschutz von Soldatinnen und Soldaten zu gewährleisten. Für den Infektionsschutz der Soldatinnen und Soldaten sind nicht die öffentlichen Gesundheitsämter, sondern ist die Bundeswehr selbst zuständig.
Die Anpassung des § 54a IfSG war notwendig, um Zuständigkeitsfragen innerhalb der Bundeswehr z.B. im Zusammenhang mit landkreisübergreifenden Übungen sowie für Angehörige ausländischer Streitkräfte und für Soldatinnen und Soldaten außerhalb ihrer Dienstausübung zu klären. Die Regelungen dienen dazu, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr auch während einer Pandemie aufrechtzuhalten.
Die Besonderheiten des militärischen Auftrages erfordern besondere Maßnahmen (z.B. Quarantäne vor oder nach einem Auslandseinsatz), die von den zuständigen Stellen der Bundeswehr mit den öffentlichen Gesundheitsbehörden abgestimmt werden müssen.
Aktuelles
#BauernFürKlimaschutz – Neues Investitionsprogramm Landwirtschaft startet
/in Allgemein /von Thomas WursterUnter dem Motto „Bauern für Klimaschutz“ bringt die Bundesregierung das bisher größte Programm zur Modernisierung der Landwirtschaft auf den Weg. Mit einem Gesamtvolumen von mehr als Milliarde Euro sollen die Transformationsprozesse in der Landwirtschaft beschleunigt werden.
„Seit einigen Jahren steht die Landwirtschaft im Fokus heftiger Debatten. Erst vergangene Woche habe ich mich in einem virtuellen Austausch mit Landwirt*innen aus dem Landkreis Waldshut sowie Vertreter*innen von Land schafft Verbindung, des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums intensiv ausgetauscht. Für mich ist klar: Landwirtschaft und Klimaschutz sind keine Gegenpole, sondern beides geht zusammen. Es geht vor allem um artgerechte Tierhaltung, gesunde Lebensmittel und den Einfluss der Landwirtschaft auf die Umwelt. Diese Konflikte sind Ausdruck eines gestiegenen Bewusstseins hinsichtlich der Bedeutung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft“, erläutert die Parlamentarische Staatssekretärin und SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter. „Das zeigt sich auch an der wachsenden Nachfrage nach Lebensmitteln aus ökologischer Erzeugung. Es wird deutlich: Wir müssen zusammen mit allen Beteiligten nach
Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft suchen und gemeinsam einen tragfähigen Transformationspfad entwickeln.“
Um die Transformationsprozesse zu beschleunigen stellt die Bundesregierung ein Modernisierungsprogramm in einer Gesamthöhe von über einer Milliarde Euro zusammen. Mit 816 Millionen Euro wird ein flächendeckender Technik- und Modernisierungsschub auf landwirtschaftlichen Betrieben gestartet. Dabei wird ausschließlich Technik gefördert, die spürbare Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsparungen garantiert. Mit knapp 46 Millionen Euro werden Projekte mit denen digitale Techniken auf den Feldern, wie beispielsweise mechanische Unkrautbekämpfung mittels kameragesteuerter Hackgeräte mit KI-Unterstützung, gefördert. 140 Millionen Euro werden in besseren Insektenschutz investiert. Zum Beispiel durch Blühstreifen, Hecken oder nachhaltige Obstbestände.
„Jeder Euro aus dem Programm dient so dem Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Dieses Modernisierungsprogramm – ab dem 11. Januar 2021 können Interessierte bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank Förderanträge stellen – unterstreicht, dass die Bundesregierung die Landwirt*innen nicht im Stich lässt, sondern Ihnen dabei hilft, wettbewerbsfähig zu bleiben, aber dennoch nachhaltig handeln können. Denn ein „weiter so“ kann es nicht mehr geben.“
Berechtigt zur Förderung sind landwirtschaftliche und gewerbliche Primärerzeuger sowie landwirtschaftliche Lohnunternehmen und gewerbliche Maschinenringe. Weiter Einzelheiten sowie die gesamte Antragsstellung kann hier abgerufen werden: https://www.rentenbank.de/foerderangebote/bundesprogramme/landwirtschaft/
Klima-Dialog: „Wir müssen den schlafenden Riesen einer internationalen Kooperation wecken“
/in Allgemein /von Thomas Wurster„Der CO2-Preis kann weltweit für uns zum Problemlöser einer der wichtigsten Zukunftsfragen werden.“ Zu diesem Fazit kam die Waldshuter SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter am Ende ihres Online-Dialogs mit dem Potsdamer Klimafolgenforscher Prof. Dr. Ottmar Edenhofer. Die Videokonferenz unter dem Titel Wir.Machen.Zukunft. war Auftakt einer Veranstaltungsreihe, mit der die Abgeordnete aufzeigen will, wie eine weltweit notwendige Transformation bis auf die Kommunalebene ineinandergreifen kann und muss.
Zur ersten Ausgabe ihres neuen Digitalformats Wir.Machen.Zukunft. hatten sich neben Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizäcker, Waldshuts Landrat Martin Kistler, dem St. Märgener Bürgermeister Manfred Kreutz, Vertretern von Naturschutzverbänden und Fridays For Future, SPD-Mitglieder aus Südbaden und Bürger*innen aus der gesamten Region zugeschaltet. Das sei ein ermutigendes Signal, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter, die dringend notwendige Neudefinition von Lebensqualität könne nur gelingen, wenn sie von einem breiten Konsens der Menschen und der Wirtschaft getragen werde.
Wie notwendig und wie dringend der Strukturwandel tatsächlich ist, hatte sich in ihrem Dialog mit Klimafolgenforscher Ottmar Edenhofer unmissverständlich gespiegelt. Edenhofer hatte zum Auftakt auf den Jahresreport des Global Carbon Projects verwiesen, der für 2021 den weltweit höchsten Wert der CO2-Konzentration seit Menschengedenken prognostiziere. Die erste Corona-Welle habe den CO2-Ausstoss zwar kurzzeitig auf das Niveau von 2006 gesenkt, man werde aber schnell auf den ursprünglichen Wachstumspfad zurückgekehrt.
„Wir brauchen den strukturellen Wandel, der wirtschaftliches Wachstum vom Emissionswachstum radikal entkoppelt“, sagte Edenhofer. Wenn die Tür zum 1,5 bis 2,0-Grad-Ziel offenbleiben soll, müsse der weltweite und auch nationale Kohleausstieg schneller erfolgen als geplant. Dazu sei es notwendig, den nationalen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr nach ganz Europa zu überführen. Mit Ordnungsrecht sei das aber nicht zu machen, die Transformation ganzer Volkswirtschaften verlange nach einem Paradigmenwechsel. Die ökologische Wahrheit müsse über einen CO2- Preis abgebildet werden, der sozial verträglich bleibe und in Relation zur tatsächlich erzielten Dekarbonisierung steige.
Voraussetzung dafür sei, dass die europäische Wirtschaft keine Insel bleibe, sondern weltweit gleiche Ziele verfolgt würden. „Denn es geht um den Planeten als Ganzes“, so Edenhofer, „das darf nicht abhängen vom Wohlstand einer Nation.“ Weltweite Kooperationen seien zwar im Pariser Klimaschutzabkommen angelegt, aber unvollkommen verwirklicht. Mit der US-Präsidentschaft von Joe Biden und dem jüngsten Bekenntnis von China zur Treibhausgas-Neutralität bis 2060 eröffne sich zusammen mit dem Green Deal für Europa die Chance eines multilateralen Zukunftslabors, das den Weg für eine globale Bewirtschaftung der gemeinsamen Güter bereiten könnte. In diesem Zusammenhang regte Edenhofer an, künftig nicht nur konkrete Projekte, sondern auch multilaterale Politik finanzieren. „Damit könnte man den schlafenden Riesen internationaler Kooperation wecken“, so Edenhofer.
„Es wäre uns zu wünschen, dass die Staaten hierzu untereinander das Misstrauen überwinden“, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter. In Deutschland werde die Diskussion aber gerade dominiert von der preislichen Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich mit den USA und China. Der CO2-Preis werde als „Belastung obendrauf“ wahrgenommen.
Die Wirtschaft müsse darauf vertrauen dürfen, dass sich Investitionen in grüne Zukunftstechnologien rechnen, weil die Preise für CO2-Emissionen im Gegenzug so hoch seien, dass Vermeidung zwingend werde, sagte Edenhofer dazu. Gleichzeitig sollten über kluge Technologiepolitik Anreize für begrenzte Subventionen geschaffen werden. Nur unter solchen Voraussetzungen seien Unternehmer dazu bereit, wirtschaftliche Risiken einzugehen und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Wenn der CO2-Preis 2030 auf mehr als 100 Euro steige, müsse der daraus resultierende Benefit für alle Bevölkerungsgruppen vermittelbar bleiben, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter. Sie erläuterte am Beispiel einer Krankenschwester die Belastung durch ein solches Instrument im ländlichen Raum. Das sei mit städtischer Mobilität nicht vergleichbar. „Und ein E-Auto müssen sich die Leute dann erst einmal leisten können“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete weiter. Deshalb sei es notwendig, die Menschen und die Industrie gleichermaßen mit auf den Transformationspfad zu nehmen. Der CO2-Preis sei zwar als zentrales Instrument denkbar und könne zum Schlüssel für das Emissionsproblem werden, dafür sei es aber notwendig, dass der Einsatz dieses Instrumentes über alle Ebenen ineinandergreife. „Wir müssen damit bis hinein in die Kommunen und in den Lebensalltag der Menschen überzeugen“, so Rita Schwarzelühr-Sutter abschließend, „deshalb fördern wir vom Bund Investitionen in die Elektromobilität und den Öffentlichen Personenverkehr.“
Den vollständigen Klima-Dialog mit Prof. Dr. Ottmar Edenhofer und Rita Schwarzelühr-Sutter gibt es hier zum Nach-Hören:
201210 Wir Machen Zukunft mit Prof Dr Edenhofer
Zukunftsfragen und Expertenwissen in meinem Online-Dialog
/in Allgemein /von Thomas WursterWenn wir unsere Klimaziele schaffen wollen, dürfen wir keine Zeit verlieren. Und Corona darf nicht zum Alibi für weniger oder gebremsten Klimaschutz werden. Wir.Machen.Zukunft. ist ab sofort mein digitaler Platz, um mit Wissenschaftlern und Machern über das Notwendige und das Mögliche zu debattieren. Mein erster Gast ist Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, der Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Am Donnerstag, 10. Dezember 2020, spreche ich ab 18.30 Uhr in einer Videokonferenz mit ihm über die neuen Chancen für den Klimaschutz in den USA nach Donald Trump. Und wir erklären, warum uns der CO2-Preis, der ab 1. Januar 2020 für Deutschland gilt, mehr bringt als er uns kostet.
Der Livestream wird hier gezeigt:
https://t1p.de/WirMachenZukunft-Edenhofer
Bundesverkehrsministerium sagt neuen LKW-Vorstauraum für Waldshut zu
/in Allgemein /von Thomas WursterWieder ein Schritt näher an der Lösung für freie Fahrt vom Obi-Kreisel bis zum Zoll. Pst-Kollege Steffen Bilger sicherte zu, dass das BMVI den Vorstauraum mit acht Millionen Euro finanzieren wird.
Vor zehn Jahren haben wir es geschafft, die LKWs aus der Schmittenau herauszukriegen durch den Bau des Deutsch-Schweizerischen Gemeinschaftszolls auf dem ehemaligen Lonzagelände. Das war der einzige Ort, der genügend Platz bot und die zollrechtlichen Voraussetzungen garantieren könnte.
Durch die gewaltige Zunahme des LKW-Verkehrs nach der Finanz- und Wirtschaftskrise kommt es in den Rush-Hour-Zeiten immer wieder zu enormen Problemen. Die LKWs blockieren die Fahrspuren, so dass eine flüssige Fahrt nach Waldshut bzw. auch umgekehrt in Richtung Tiengen nicht mehr möglich ist.
Deshalb braucht es einen großen Vorstauraum zur Entlastung. Die dafür notwendige Fläche ist schon da.
Schnelles Internet für Küssaberg – der Bund gibt 625.000 Euro Zuschuss
/in Allgemein /von Thomas WursterWir machen fifty-fifty. Der Bundeszuschuss für den #Breitbandausbau in Küssaberg deckt die Hälfte des Betrages, den die Gemeinde investiert, um alle Haushalte in der Gemeinde mit leistungsfähigem Internet zu versorgen. Den entsprechenden Förderbescheid hat Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, jetzt in kleiner Runde an Bürgermeister Manfred Weber übergeben. Unsere Gespräche haben bei dieser Gelegenheit noch einmal gezeigt, wie wichtig die performante Digitalisierung für ländliche Gemeinden ist. Dazu gehört auch die G5-Technologie, deren Einführung die Bundesregierung transparent vorantreibt, um auch in diesem Bereich die notwendige Vorsorge zu treffen.
Küssaberg investiert insgesamt 1.25 Millionen Euro in den Breitbandausbau. Mit einer Förderquote von 50 Prozent beläuft sich die vorläufige Höhe der Zuwendung aus der Bundesförderung 625.000 Euro. Mit der Richtlinie „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“ unterstützt die Bundesregierung die Bereitstellung leistungsfähiger Breitbandnetze in den Regionen, in denen ein privatwirtschaftlich gestützter Ausbau bisher noch nicht gelungen ist.
„Ich freue mich sehr, dass die Gemeinde Küssaberg mehr als eine Million Euro in die Erschließung von unterversorgten Adressen investiert und dass der Bund diese Maßnahme mit Fördergeld honoriert“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter. „Gerade jetzt, in Zeiten von vermehrtem Home-Office, sind schnelle und stabile Verbindungen unverzichtbar. Gleichzeitig wird die Attraktivität der Gemeinde für junge Familien und Unternehmen durch diese Investition langfristig gesteigert“, so Rita Schwarzelühr-Sutter.
Rita Schwarzelühr-Sutter – Newsletter 19/2020
/in Allgemein /von Thomas WursterWIR GREIFEN JETZT IN DEN FLEISCHFABRIKEN DURCH
Das Arbeitsschutzkontrollgesetz steht und damit neue Verbote für Werkverträge und Leiharbeit. Dadurch wird ein Geschäftsmodell beendet, das durch Corona seine übelsten Seiten offenbart hat.
Die Regierungsfraktionen haben sich inhaltlich auf ein Arbeitsschutzkontrollgesetz und einen Zeitplan für die parlamentarischen Beratungen verständigt. Das Gesetz wird noch Mitte Dezember in 2./3. Lesung im Bundestag beraten.
„Wir greifen entschlossen in den Fleischfabriken durch. Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen werden Realität für alle Beschäftigten der Branche“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Katja Mast. „Das Arbeitsschutzkontrollgesetz steht. Es adressiert in einmaliger Art und Weise die Verantwortung an die Inhaber der Fleischfabriken und sorgt durch Kontrollen für die Einhaltung der Vorschriften. Damit wird ein Geschäftsmodell beendet, das es viel zu lange gab. Ein Geschäftsmodell, das durch Corona nochmal seine übelsten Seiten offenbart hat“, so Mast. Die Fleisch-Lobby, die das Gesetz verhindern wollte, habe sich getäuscht und zu früh gefreut.
Werkverträge werden mit dem Gesetz im Kernbereich der Fleischindustrie genauso verboten, wie die Leiharbeit beim Schlachten und Zerlegen. In der Fleischverarbeitung gilt auch ein grundsätzliches Verbot der Arbeitnehmerüberlassung. Nur per Tarifvertrag können in engen Grenzen und auf drei Jahre befristet Vereinbarungen getroffen werden. „Das stärkt die Tarifbindung in einer Branche mit wenigen Tarifverträgen und baut deshalb die Rechte der Arbeitnehmer aus. Wir grenzen das Handwerk klar ab. Wir stehen damit für den Wert der Arbeit“, erläutert die SPD-Fraktionsvizin.
Arbeit prägt unser Leben – aber sie darf nicht die Gesundheit kosten. Alle müssen sich auf den Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz und die Eindämmung von Risiken verlassen können ─ unabhängig von Region und Branche. Arbeitsschutz ist allerdings nur wirksam, wenn auch kontrolliert wird, ob sich alle an die Arbeitsschutzregeln halten. Die Kontrollen durch die Arbeitsschutzaufsicht in den Ländern sind seit 2007 aber immer weiter gesunken.
Die eklatanten Mängel und Versäumnisse in der Fleischbranche wurden von massenhaften Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen offengelegt. Beim Schutz der Gesundheit besteht dringender Handlungsbedarf – es geht hier um elementare Arbeitnehmerrechte. Das Gesetz soll mit einheitlichen Kontrollstandards und höheren Bußgeldern für verlässlichen Arbeitsschutz sorgen. Außerdem müssen in außergewöhnlichen Notlagen die Handlungsfähigkeit sichergestellt werden. In der Fleischindustrie wird die elektronische und manipulationssichere Aufzeichnung der Arbeitszeit zur Pflicht gemacht und der Einsatz von Fremdpersonal beim Schlachten und Zerlegen verboten. Nicht zuletzt wird die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften verbessert.
Die Regelungen im Detail:
Arbeitsschutzaufsicht
Die staatliche Arbeitsschutzaufsicht der Länder soll die Einhaltung des Arbeitsschutzes durch Betriebsbesichtigungen sicherstellen – allerdings geschieht dies aktuell nach Anzahl und Prüfgründlichkeit sehr unterschiedlich. Nun werden für alle Branchen bundesweit einheitliche Maßstäbe für die Prüfungen festgelegt: Die Anzahl der zu besichtigenden Betriebe soll schrittweise deutlich erhöht werden, sie muss Jahr für Jahr gesteigert werden, bis eine Mindestquote für Kontrollbesichtigungen in den Betrieben erreicht ist.
In Betrieben mit besonderem Gefährdungspotenzial müssen Kontrollschwerpunkte gesetzt werden. Ist die vorgegebene Prüfquote flächendeckend erreicht, soll unmittelbar geprüft werden, ob sie noch weiter angehoben und wie die staatliche Arbeitsschutzaufsicht noch weiter verbessert werden kann. Die Bundesregierung wird bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine Bundesfachstelle „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ einrichten, die sich um eine verbesserte Datenlage und mehr Transparenz in Sachen Arbeitsschutzkontrollen kümmert.
Und auch die Beschäftigten können sich darauf verlassen: Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit sind keine Glückssache. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann darum künftig in außergewöhnlichen Notlagen wie der aktuellen Pandemie zeitlich befristet besondere Arbeitsschutzanforderungen festlegen.
Kein Arbeitszeitbetrug
Die Arbeitgeber müssen für den Schutz der Gesundheit ihrer Beschäftigten bei der Arbeit sorgen. Arbeitsschutz nicht ernst zu nehmen, ist kein Kavaliersdelikt. Wer als Arbeitgeber gegen Arbeitszeitregelungen verstößt, hat derzeit mit Bußgeldern von bis zu 15.000 Euro zu rechnen. Dieser Höchstbetrag wurde seit 1994 nicht verändert. Aber Bußgelder müssen vorbeugend und leitend wirken. Darum wird der Bußgeldrahmen aktualisiert und der Höchstbetrag auf 30.000 Euro verdoppelt.
Das Überschreiten etwa von Höchstarbeitszeiten ist keine Lappalie, es kann die Gesundheit gefährden. Gerade in der Fleischindustrie ist das aber leider keine Seltenheit. Auch Mindestlohnvorschriften werden in der Fleischindustrie häufig unterlaufen. Darum werden die Arbeitgeber dort zur manipulationssicheren elektronischen Aufzeichnung der Arbeitszeit verpflichtet. So kann die Einhaltung von Vorschriften effektiver kontrolliert werden und so stärken wir Arbeitnehmer*innenrechte. Diese Aufzeichnungen und weitere für eine Kontrolle des Arbeitszeitgesetzes nutzbaren Unterlagen sollen auch von den Arbeitsschutzbehörden der Länder eingesehen werden können.
Verbot von Leiharbeit und Werkverträgen
Mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz wird das Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft umgesetzt, das die Bundesregierung am 20. Mai 2020 verabredet hat. Auch Arbeitgeber in der Fleischwirtschaft haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten. Undurchsichtige Strukturen führen jedoch bisher häufig dazu, dass Verantwortlichkeiten verwischt werden: So wurden etwa bei einem großen industriellen Betrieb die Kontrollen erheblich dadurch erschwert, dass die Arbeiter bei bis zu 30 unterschiedlichen Werkvertragsunternehmen angestellt waren. Solche Konstruktionen werden künftig nicht mehr möglich sein.
Beim „Kerngeschäft“ – dem Schlachten und der Zerlegung von Fleisch – dürfen künftig nur noch Arbeitnehmer*innen des eigenenUnternehmens eingesetzt werden. Werkverträge sind ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr möglich und Leiharbeit ist ab dem 1. April 2021 in der Fleischwirtschaft verboten. Nur Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten sind davon ausgenommen. Eine auf drei Jahre befristete Ausnahmeregelung macht es auf Grundlage eines Tarifvertrags möglich, Auftragsspitzen ausschließlich in der Fleisch-Verarbeitung (nicht beim Schlachten und Zerlegen) durch Leiharbeitnehmer*innen aufzufangen – allerdings nur unter strengen Auflagen und Kontrolle:
Dabei darf der Einsatz der Leiharbeitskräfte höchstens acht Prozent des Arbeitszeitvolumens der Stammbelegschaft in der Verarbeitung ausmachen. So sollen gefährliche und menschenunwürdige Zustände beendet, Tarifpartnerschaft in der Fleischverarbeitung wiederbelebt und dadurch weiteren Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen der Weg geebnet werden. Zur besseren Kontrollierbarkeit müssen die Unternehmen die Behörden der Zollverwaltung über Beginn und Ende des Einsatzes von Leiharbeitskräften informieren.
Damit sich ausländische Arbeitnehmer*innen in ihrer Sprache über ihre Rechte und geltende Arbeitsschutzbedingungen informieren können, haben wir die Beratung „Faire Mobilität“ bereits im Rahmen der Umsetzung der geänderten EU-Entsenderichtlinie im Arbeitnehmer-Entsendegesetz verstetigt.
Verbesserungen bei der Unterbringung
Nicht nur in der Fleischindustrie bestehen Missstände bei der Unterbringung von ausländischen Arbeitskräften. Beschämende Berichte zeigten zuletzt Behelfs-Container-Unterkünfte oder Zimmer, in denen ausländische Arbeitnehmer*innen zusammengepfercht auf wenigen Quadratmetern zusammenleben müssen – und dafür unverhältnismäßig viel bezahlen.
Deshalb werden zur Verbesserung der Wohnsituation dieser Beschäftigten die bestehenden Bestimmungen für die Unterbringung durch den Arbeitgeber überarbeitet und in dieArbeitsstättenverordnung neue branchenübergreifende Mindestanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte aufgenommen, die auch dann gelten, wenn die Unterkünfte außerhalb des Betriebsgeländes liegen. Außerdem werden die in vielen Branchen üblichen Koppelungen arbeitsvertraglicher Regelungen mit Vereinbarungen zur Unterbringung oder Vermittlung von Wohnungen durch den Arbeitgeber erfasst.
Hierzu wird der Arbeitgeber verpflichtet, eine Dokumentation zu den von ihm oder in seinem Auftrag bereitgestellten Gemeinschaftsunterkünften zu erstellen, in denen Angaben zur Lage, den untergebrachten Beschäftigten sowie der jeweiligen Dauer der Unterbringung anzugeben sind. Auch mit einer flankierenden Änderung des Bundesmeldegesetzes werden die Kontroll- und Vollzugsmöglichkeiten der zuständigen Landesbehörden in diesem Bereich verbessert.
"ANGEMESSEN, NACHVOLLZIEHBAR UND LEBENSNAH"
Die SPD-Bundestagsabgeordneten unterstützen den verlängerten Teil-Lockdown und appellieren an die Eigenverantwortung und Solidarität der Bürgerinnen und Bürger: „Wir haben es in der Hand, nicht nur Weihnachten zu retten, sondern auch die Wochen und Monate danach“.
Die SPD-Fraktion unterstützt die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Verlängerung der Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie: Die am Mittwochabend von Bund und Ländern getroffenen Vereinbarungen seien „angemessen, nachvollziehbar und lebensnah“, sagte der SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Rolf Mützenich am Donnerstagmorgen im Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor in ihrer Rede die Beschlüsse von Mittwochabend erläutert sowie die Politik von Bund und Ländern verteidigt. Die derzeitigen Beschränkungen sollen in verschärfter Form bis kurz vor den Feiertagen verlängert werden, dann gelten vorübergehende Lockerungen.
Lockdown-Betroffene könnten weiter auf „großzügige Hilfen“ setzen, sagte Mützenich weiter. Seiner Fraktion gehe es darum, gerade in der Pandemie „die soziale Demokratie in Deutschland“ zu stärken. „Bedrückend ist die große Zahl der Menschen, die an dem Virus gestorben sind, dahinter verbergen sich tragische Momente. Sie werden weder durch Zynismus noch durch absurde Vergleiche kleiner“, betonte Mützenich.
Die SPD-Abgeordnete und Ärztin Sabine Dittmar begrüßte, dass durch die bisherigen Schutzmaßnahmen die Stabilisierung der Neuinfektionen erreicht worden sei. „Das war die erste Etappe, aber das Ziel haben wir noch nicht erreicht“, sagte sie. „Die Neuinfektionen müssen signifikant weitersinken, um unser Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen zu bringen. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die gestern beschlossenen Vereinbarungen, die nun in Ländervereinbarungen befristet und begründet umgesetzt werden. Das haben wir als Gesetzgeber in der vergangenen Woche in der Novelle des Infektionsschutzgesetztes so beschlossen“. Dittmar äußerte Verständnis für die Lockerungen über Weihnachten. Aber sie wisse auch, dass das ein „Ritt auf der Rasierklinge“ sei aus medizinischer Sicht. Sie appellierte an die Eigenverantwortung der Bürger, die Abstands- und Hygieneregeln sowie die Kontaktbeschränkungen einzuhalten: „Wir haben es in der Hand, nicht nur Weihnachten zu retten, sondern auch die Wochen und Monate nach Weihnachten“, sagte Dittmar. „Deshalb mein eindringlicher Appell: Bleiben Sie eingenverantwortlich und solidarisch“.
Thema der Debatte war erneut die Reform des Infektionsschutzgesetzes, das der Bundestag vergangene Woche verabschiedet hat. Damit hat der Bundestag seine Rolle in den Entscheidungen zu den Corona-Schutzmaßnahmen gestärkt und diese präzisiert, um die Maßnahmen rechtssicherer zu machen. Auf Demonstrationen wurde das Gesetz unter anderem mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 verglichen, das Adolf Hitler an die Macht brachte. Auch die AfD griff diese Vergleiche auf. Zudem schleusten AfD-Abgeordnete Personen in den Bundestag, die Abgeordnete anderer Parteien bedrängten.
Die Mehrheit der Bevölkerung stehe hinter den Schutzmaßnahmen, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Es gebe aber auch jene, die vergangene Woche bei Demonstrationen ihre Sorgen zum Ausdruck gebracht hätten. Die müsse man gemeinsam ernst nehmen. „Diese Demonstrationen waren aber auch geprägt von Gerüchten, Lügen und Rechtsextremen, die mitdemonstriert haben“, sagte Mast. Von Impfpflicht, von Gleichschaltung der Parlamente und der Aussetzung von Grundrechten sei die Rede gewesen. „Das alles ist falsch“, sagte Mast. Die AfD verbreite diese Falschmeldungen auch. „Und wenn die AfD die Hand reicht, damit frei gewählte Abgeordnete im Bundestag bedrängt werden, dann reicht es nicht, wenn man sich entschuldigt, das muss Konsequenzen haben. Und die gibt es nicht“. Das was da passiere, zersetze die Demokratie. „Während Sie pöbeln und aufwiegeln, suchen wir nach Problemlösungen“, sagte die SPD-Abgeordnete. „Ich bin davon überzeugt, dass wir durch diese Krise auch gestärkt kommen können, wenn wir solidarisch zusammenhalten, die Probleme lösen, auf die Corona den Scheinwerfer wirft“.
ENTLASTUNG FÜR DAS PFLEGEPERSONAL
Mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz werden 20.000 neue Assistenzstellen in der Altenpflege geschaffen und die Versorgung von Schwangeren verbessert.
Die Corona-Pandemie hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie wichtig ein gut funktionierendes Gesundheits- und Pflegesystem ist. Mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz, das der Bundestag am Donnerstag verabschiedet hat, werden unter anderem 20.000 neue Assistenzstellen in der Altenpflege geschaffen – vollständig finanziert von der Pflegeversicherung. Das wird das Pflegepersonal in den Heimen entlasten und dabei Pflegebedürftige und Angehörige nicht zusätzlich finanziell belasten. Zudem wird die Versorgung von Schwangeren verbessert. Von 2021 bis 2023 erhalten Krankenhäuser rund 200 Millionen Euro zusätzlich für mehr Hebammenstellen und zusätzliche Assistenz in der Geburtshilfe.
Damit die Gesetzliche Krankversicherung (GKV) auch unter Pandemiebedingungen solide aufgestellt ist und Beiträge weitestgehend stabil gehalten werden, erhält die GKV einen einmaligen zusätzlichen Bundeszuschuss in Höhe von fünf Milliarden Euro im Jahr 2021. Hiermit werden auch die öffentlichen Lasten der Krankenversicherung in der Corona-Pandemie, wie zum Beispiel für Testungen, vollständig ausgeglichen. Zur weiteren Stabilisierung werden zusätzlich acht Milliarden Euro aus den Finanzreserven der Krankenkassen in den Gesundheitsfonds überführt. Wir haben erreicht, dass dabei die finanzielle Stabilität kleinerer Krankenkassen nicht gefährdet wird
Das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates und soll voraussichtlich im Januar 2021in Kraft treten. Die wichtigsten Regelungen im Überblick:
20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte in der Altenpflege
Gesetzliche Krankenversicherung wird finanziell stabilisiert
Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen
Zusätzliche Hebammen in Kliniken
EIN FLEXIBLERES ELTERNGELD
Das Elterngeld wird so gestaltet, dass Eltern besser Teilzeit arbeiten können neben der Betreuung ihres Kindes. Bei Frühchen verlängert sich das Elterngeld.
Die meisten Eltern wünschen sich mehr Zeit für ihre Kinder. Und: Sie wollen Familie und Beruf gut und partnerschaftlich in Einklang bringen. Elterngeld, Elterngeld-Plus und Partnerschaftsbonus ermöglichen das. Mit einem Regierungsentwurf zur Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, der in dieser Woche in 1. Lesung beraten wurde, werden Elterngeld, Elterngeld-Plus und Partnerschaftsbonus flexibler und einfacher gemacht.
So wird die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit von 30 auf 32 Wochenstunden – also auf volle vier Arbeitstage – angehoben. Beim Partnerschaftsbonus wird der Stundenkorridor von derzeit 25 bis 30 auf 24 bis 32 Stunden ausgedehnt. Eltern, die sich für ein partnerschaftliches Zeitarrangement entscheiden, erhalten einen Partnerschaftsbonus: Sie bekommen vier zusätzliche ElterngeldPlus-Monate, wenn sie in dieser Zeit gleichzeitig arbeiten. Der ausgedehnte Stundenkorridor erhöht die Flexibilität für Eltern und unterstützt sie dabei, einerseits das Familieneinkommen abzusichern und andererseits durch die Teilzeit mehr Zeit für Familie zu haben.
Besondere Unterstützung brauchen Familien, wenn sie vor besonderen Herausforderungen stehen. Wenn Kinder zu früh geboren werden, verlängert sich schon jetzt der Mutterschutz. Für Kinder, die sechs Wochen oder früher geboren werden, soll es nun einen zusätzlichen Monat Elterngeld geben. Das gibt Eltern mehr Zeit, sich um ihr Kind zu kümmern. Jedes Jahr werden 2,3 Prozent aller Kinder, deren Mütter Elterngeld beziehen, mehr als sechs Wochen zu früh geboren. Das sind 17.000 Kinder im Jahr.
Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften soll künftig eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen im Elterngeld ermöglicht werden. Wenn sie das möchten, können sie bei der Bemessung des Elterngeldes wie ausschließlich Nicht-Selbstständige behandelt werden.
Zur Finanzierung der Verbesserungen sollen künftig nur noch Eltern, die gemeinsam höchstens 300.000 Euro im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Diese neue Regelung für Paare betrifft Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbeziehenden ausmachen – etwa 7000. Für sie ist die eigenständige Vorsorge für den Zeitraum der Elternzeit auch ohne Elterngeld möglich. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro.
Der Gesetzentwurf zum Download:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/244/1924438.pdf
BESSERER VERBRAUCHERSCHUTZ IM INKASSORECHT
Das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht geht gegen zu hohe und intransparente Inkassokosten vor und schreibt die Aufklärung der Schuldner vor.
Mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken hat sich die Transparenz im Inkassowesen deutlich verbessert. Ein Problem stellen jedoch immer noch die geltend gemachten Inkassokosten dar: Diese sind im Verhältnis zum Aufwand zumeist deutlich zu hoch. Teilweise gibt es noch unnötige Kostendoppelungen und mangelnde Rechtskenntnisse der Schuldner*innen werden oft ausgenutzt. Das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht, das diese Woche verabschiedet wurde, sieht vor, die Geschäfts- und die Einigungsgebühr so anzupassen, dass einerseits für die Schuldner*innen keine unnötigen Belastungen entstehen, andererseits aber Inkassodienstleistungen nach wie vor wirtschaftlich erbracht werden können. Schuldner*innen werden zukünftig vor allem in den Fällen entlastet, in denen sie die Forderungen nach dem ersten Mahnschreiben beglichen haben oder in denen Forderungen von bis zu 50 Euro eingezogen wurden. Schuldner*innen müssen über die beim Abschluss von Zahlungsvereinbarungen entstehenden Kosten und die Rechtsfolgen von Schuldanerkenntnissen aufgeklärt werden.
DAS PLASTIKTÜTENVERBOT KOMMT
Um die Umwelt besser zu schützen, wurde die Änderung des Verpackungsgesetzes beschlossen. Dünne Einweg-Plastiktüten sind künftig verboten.
Das Plastiktütenverbot kommt: In dieser Woche hat der Bundestag die Änderung des Verpackungsgesetzes beschlossen. Ziel des Gesetzes ist es, den Rückgang beim Verbrauch von leichten Kunststofftragetaschen und damit den Erfolg der 2016 geschlossenen Vereinbarung zwischen dem SPD-geführten Bundesumweltministerium und dem Handel konsequent fortzusetzen. Plastiktüten mit einer Wandstärke von weniger als 50 Mikrometern, die oftmals kein zweites Mal verwendet und zu häufig unsachgemäß weggeworfen werden, sind künftig verboten. In Deutschland werden noch ca. 20 Tüten pro Jahr und Kopf verbraucht. Diesen Verbrauch gilt es weiter zu minimieren.
AUF! UND MIR NACH! EIN DIGITALPÄDAGOGISCHER AUSFLUG AN DIE MÜRITZ
282.000 Euro hat der Schulcampus Röbel an der Müritz aus dem Digitalpakt für digitale Tafeln, Tablets und WLAN erhalten. Bei einem Ortsbesuch zeigen uns Lehrer*innen und Schüler*innen, wie das digitale Lernen funktioniert.
Die alten Wandtafeln haben wir jetzt verkauft«, sagt Hans-Peter Richter, Schulleiter des »Schulcampus Röbel«, eine Gesamtschule an der Mecklenburgischen Seenplatte. Der 66-jährige läuft vom Hauptgebäude aus der DDR-Zeit ins neu gebaute »Nawi-Haus« hinüber. Hier, in dem schlichten Betonbau mit leuchtend weißer Fassade, will er zeigen, wie in seiner Schule digital unterrichtet wird. Physik, dritte Stunde, 11. Klasse.
An der Wand hängt ein riesiger weißer Bildschirm, eine sogenannte digitale Tafel, ein Meter hoch, fast zwei Meter breit. Dort ist gerade die Wikipedia-Seite zur Energiebilanz der Wärmepumpe zu sehen. Die Schüler sollen Energiearten und ihre Berechnungen recherchieren. Jeder hat ein Tablet vor sich, das mit der Computer-Tafel verbunden ist. Wer etwas Interessantes gefunden hat, meldet sich, dann wird diese Tablet-Seite vorne angezeigt.
Hans-Peter Richter läuft zwischen den Schülern umher, klopft ihnen aufmunternd auf die Schulter, schaut auf ihre Tablets, und flüstert, während der Lehrer weitermacht: »Wenn wir bei der Digitalisierung nicht mitgehen, hängen wir hinterher in der Welt. Je eher die Kinder diese Möglichkeiten bekommen, desto besser«.
Richter ist die Digitalisierung sehr wichtig. Seine Gesamtschule in Röbel an der Müritz, 5000 Einwohner, knapp 150 Kilometer nordwestlich von Berlin, war die erste Schule in Mecklenburg-Vorpommern, die Mittel aus dem Digitalpakt bekam. Damit konnte Richter die ganze Schule mit digitalen Tafeln ausstatten.
Mehr als sechs Milliarden Euro für die Schulen
Der Digitalpakt ist das bildungspolitische Großprojekt der rot-schwarzen Regierungskoalition. Im Sommer 2019 stellte der Bund fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen bereit, die Länder schossen insgesamt 500 Millionen Euro dazu, damit Schulen sich digitale Tafeln, Laptops und WLAN anschaffen können. Das Geld fließt über fünf Jahre bis 2024.
Da das digitale Lernen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie noch viel wichtiger geworden ist, wurden Ergänzungen vereinbart: Im Frühling kam ein 500-Millionen-Euro-Hilfspaket dazu, um sozial benachteiligte Schüler mit Laptops zu versorgen. »Ob Schülerinnen und Schüler beim Unterricht per Video, Chat und App mithalten können, darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Das ist eine ganz entscheidende soziale Frage«, sagt der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek.
Im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets im Frühsommer wurden weitere 500 Millionen vereinbart, damit die Schulen IT-Fachkräfte einstellen können, die die Software installieren und die Geräte warten. Und auf dem Schulgipfel Ende September wurden 500 Millionen Euro für Lehrer-Laptops beschlossen.
Als Hans-Peter Richter im Sommer 2019 vom Digitalpakt erfuhr, dachte er sich: »Diese Fördermittel muss ich in ein paar Wochen haben«. Ganz so schnell ging es dann doch nicht, aber bereits im Dezember bekam der Schulcampus Röbel den Zuschlag für 282.000 Euro. Am 9. Juli dieses Jahres lieferte ein Lkw 36 Smart Boards an die Schule, die 700 Schüler zur Mittleren Reife und zum Abitur führt. Zudem ließ Richter mit den Mitteln die Computerräume mit neuen PC‘s ausstatten und das WLAN-Netz erneuern.
Damit gehört der Schulcampus Röbel bundesweit allerdings noch zu einer Minderheit: Von den fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt sind bis Ende Juni erst etwas über fünf Prozent bewilligt worden, aktuellere Zahlen sollen Ende des Jahres veröffentlicht werden. In Mecklenburg-Vorpommern sind aktuell immerhin knapp neun Prozent der verfügbaren Mittel von fast 100 Millionen Euro bewilligt worden.
Bürokratische Hürden
Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) zufolge liegt das Land damit »im Zeitplan«. Das Programm laufe über fünf Jahre, und in einem »Roll Out«-Plan sei festgelegt, welche Schulen den Förderantrag in welchem Jahr stellen dürfen. Der Schulcampus Röbel war eigentlich erst für 2021 vorgesehen.
Die bürokratischen Hürden für die Beantragung waren am Anfang hoch. Dazu mussten die Schulen ein aufwändiges »Medienbildungskonzept« erarbeiten. Inzwischen kann dieses Konzept aber auch nachgereicht werden, wurde im Sommer beschlossen. Das begrüßt auch Bildungsministerin Martin: Denn das Verfassen eines solchen Konzeptes sei – gerade im Zuge der Corona- Krise – von den Lehrern als große zusätzliche Belastung empfunden worden.
Auch in Röbel war das so. Aber Richter wollte nicht bis 2021 warten, sondern »unbedingt unter die ersten Schulen kommen«. »Es war eine Fleißarbeit«, sagt er. Man müsse als Schulleiter den digitalen Weg gehen wollen, dabei seine Lehrerinnen und Lehrer mitnehmen. Ihm scheint das gut gelungen zu sein. Einer der Lehrkräfte beschreibt es so: »Wir haben das in einem riesengroßen Mammutprojekt durchgedrückt«.
Als Präsident der Stadtvertretung hat Richter gute Kontakte in die Kommunalpolitik und konnte auch dort auf Unterstützung zählen. Der pädagogische »Medienentwicklungsplan«, den die Verwaltung als Schulträger vorlegen musste, wurde schnell geschrieben.
Hans-Peter Richter erinnert an einen wohlwollenden Patriarchen, wenn er durch die Flure läuft, die Schüler beim Namen nennt, und ihnen sowie ihren Lehrern Anweisungen gibt, die anstandslos befolgt werden. Er erlaubt sich, unangemeldet in den Unterricht zu platzen, alle Schülerinnen und Schüler mit raus zu nehmen, (»Auf! Und mir nach!«), damit die Lehrerin ungestört über den digitalen Unterricht sprechen kann.
Von Corona eiskalt erwischt
Richter ist fest davon überzeugt, dass die Digitalisierung in der Schule wichtig ist, schließlich war er selber Informatiklehrer. Er habe schon vor 20 Jahren gepredigt, erzählt er, dass die Schüler den Umgang mit dem PC lernen müssen, den flexiblen Umgang mit Datenübertragung und Technik. »Wer eine Ausbildung in der Tischlerei macht, der muss heute an digital gesteuerten Maschinen lernen, die Anforderungen sind dort hochrangig und spezialisiert. Wir versuchen, ein Grundgerüst dafür zu legen. Das erleichtert dann vieles«. Der Meinung ist auch Bildungsministerin Martin. »Wir brauchen gute Fachkräfte im Land für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft«, sagt sie.
Schon heute gebe es kaum einen Beruf, in dem keine digitalen Kompetenzen erforderlich seien. Schon vor zwölf Jahren ließ Richter die Schule mit einem ersten WLAN-Netz ausstatten. Als die Pandemie ausbrach, hingen in 40 Klassenräumen Beamer, es gab sieben digitale Tafeln, 20 Notebooks zur Nutzung für die Lehrer und zwei Dutzend Tablets für die Schüler.
Von Corona wurde die Schule dennoch »eiskalt« erwischt, erzählt Christian Leonhardt, Lehrer für Sport und Geographie. Was gut funktionierte, war das Erstellen eines Aufgabenpools über den Schulserver und die Kommunikation über Email und Telefon mit den Schülern. Eine Plattform wie Microsoft Teams, die den Online- Unterricht problemlos möglich macht, war aber nur für die Schüler der Oberstufe eingerichtet. Nur zwei Lehrer gaben auf diesem Wege Online-Unterricht. Andere hatten Scheu davor. »Meine Lehrer haben sich nicht so gerne auf Teams eingelassen und generell auf Online- Unterricht«, erzählt die 14-jährige Rebecca.
Der Lockdown war für manche Lehrer eine regelrechte Grenzerfahrung. Wie für Byrthe Dittrich, die seit 1987 Mathematik und Physik unterrichtet. »Das Schwierigste war für mich, die Fülle von Aufgaben zu meistern«, sagt sie. »Ich musste intensiv nach Filmen und interaktivem Übungsmaterial suchen, die Lösungen auf die Plattform stellen, den Weg zur Lösung schriftlich erläutern.« Viele hätten gedacht, die Lehrer könnten jetzt ausspannen. »Das hat mich sehr gekränkt«, erzählt sie mit brüchiger Stimme.
Jüngere Lehrer schulen die Älteren
Jetzt, wo die alten Kreidetafeln und Beamer aussortiert und die neuen Smart Boards angekommen sind, hat auf dem Schulcampus Röbel eine weitere Epoche der Digitalisierung begonnen. Schüler und Lehrer halfen in den Sommerferien freiwillig, die 90 Kilogramm schweren digitalen Tafeln an die Wände zu montieren. Eine Woche vor Schulbeginn wurden die Lehrer im Umgang mit den Tafeln geschult. Jüngere Lehrer wie Christian Leonhardt erklärten den Älteren, wie es geht.
Leonhardt zufolge hat sich die Anstrengung gelohnt. Die Beamer hätten nur ein kleines, qualitativ schlechtes Bild an die Wand geworfen, der Ton sei zu leise und die Verbindung zwischen Laptop und Beamer störanfällig gewesen. »Jetzt kommt man rein, drückt auf den Knopf und es geht sofort los«. Eine große Erleichterung, findet er. Die Schülerinnen und Schüler könnten jetzt viel besser den Umgang mit digitalen Informationsquellen lernen, sagt Physiklehrer Matthias Strauch: »Wie unterscheidet man bei der Recherche im Internet Quellen, denen man vertrauen kann, von unseriösen Quellen?«
Den Schülern gefällt der multimediale Unterricht. »Die Lehrer arbeiten jetzt viel mehr mit Bild-, Audio- und Video-Material«, sagt Rebecca aus der 9. Klasse. »Dadurch kann ich dem Unterricht besser folgen. Wir können im Internet recherchieren und müssen dafür nicht extra in den Computerraum gehen.« Auch die Kleineren finden es »cool«, im Englisch-Unterricht zum Beispiel Big Ben zu sehen und läuten zu hören.
Die Schüler helfen mit, die digitalen Tafeln funktionsfähig zu halten: Einige schwärmen wöchentlich aus, um die Smart Boards zu »reinigen«; sie löschen die geöffneten Dateien und Anwendungen, die auf dem Desktop verbleiben.
Sollte es aufgrund der Corona-Pandemie erneut zur Schließung der Schule kommen, ist der Schulcampus Röbel besser gerüstet als im Frühling. Im Sommer hat Richter 100 Tablets bestellt, die aus den Mitteln einer Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt finanziert werden. Diese können an Schüler verliehen werden, denen zu Hause kein Endgerät zur Verfügung steht. Durch die Smart Boards haben die Lehrer schon begonnen, ihren Unterricht digital zu gestalten. Und Office 365 und Teams ist nun flächendeckend eingerichtet. Zudem wurden neue Kameras bestellt, mit denen der Unterricht vor der digitalen Tafel großflächig gefilmt werden kann.
Probleme mit dem Breitbandanschluss
Doch ein großes Problem kann auch der Digitalpakt nicht lösen. Im Landkreis Röbel gibt es noch sogenannte »weiße Flecken«: Orte ohne Breitband-Anschluss. In manchen Dörfern haben die Haushalte nicht einmal Zugang zum Internet. Während des ersten Lockdowns ist der Online-Unterricht schon daran in einigen Jugendzimmern gescheitert.
Der Bund investiert zwar Milliarden in den Aufbau von flächendeckenden und sicheren Gigabitnetzen und in die Versorgung von Schulen mit schnellem Netz. Die gesetzlichen Grundlagen dafür hat er mit dem »Digitalfonds« (Sondervermögen Digitale Infrastruktur) geschaffen. In dem Rahmen ist die Förderung des Breitbandausbaus im Landkreis Röbel auch bereits bewilligt. Doch die Inbetriebnahme ist erst Ende 2024 geplant. Die Projektplanung, die Abwicklung mit Ausschreibung und dem tatsächlichen Ausbau dauert, und die Baukapazitäten sind knapp.
Hans-Peter Richter lässt sich jedoch auch davon nicht bremsen. Er will jetzt die Mittel zur Finanzierung für die Ausbildung und Einstellung von IT-Mitarbeitern für seine Schule beantragen. Richter zufolge sind eigene IT-Fachkräfte eine der zentralen Voraussetzungen für die erfolgreiche Digitalisierung des Unterrichts. »Wir können die Systeme längerfristig nicht komplett selber warten«, sagt er. Derzeit hilft eine IT-Fachkraft aus der Stadtverwaltung.
Bei allem Enthusiasmus für die Digitalisierung sei er manchmal aber auch ein bisschen nostalgisch, sagt der Schulleiter. Eine Kreidetafel wird er behalten. Die sei schon über hundert Jahre alt. »Am Tag der offenen Tür werden wir die rausholen«, sagt er. »Um den Kindern zu zeigen, dass solche Hilfsmittel in früheren Zeiten auch wichtig waren.«
Unser Film über den Schulcampus Röbel auf youtube:
Information für die Menschen am Hochrhein und im Hochschwarzwald
Neue Klagen über Bahnbetrieb auf der Hochrheinstrecke
/in Allgemein /von Thomas WursterDie Beschwerden über Leistungsmängel auf der Hochrheinbahn reißen nicht ab. Jüngste Meldungen von Bahnfahrer*innen beklagen, dass teilweise auch in den Hauptverkehrszeiten nur ein Wagen eingesetzt worden sei. „Das darf gerade jetzt nicht passieren“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter, „in Corona-Zeiten brauchen wir verlässliches und ausreichendes Wagenmaterial.“ Die Bahn hatte zuvor den Wagenmangel mit Ausfällen von veraltetem Zugmaterial begründet.
Nachdem in den vergangenen Tagen neben den schon seit langem bekannten Beschwerden von Bahnfahrer*innen bezüglich Verspätungen und Ausfälle von ganzen Zugfahrten jetzt neue Klagen hinzugekommen sind, hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter die Deutsche Bahn und die Nahverkehrsgesellschaft zu Stellungnahmen aufgefordert. Neu sind Meldungen, dass auf der Hochrheinstrecke Züge, insbesondere der Baureihe 612 (IRE), immer häufiger mit nur einem Wagen verkehren – und das auch zu Hauptverkehrszeiten.
Die Deutsche Bahn und die Nahverkehrsgesellschaft, haben in ihren Antworten an die Bundestagsabgeordnete darauf hingewiesen, dass die Reduktion des Wagenmaterials nicht gezielt veranlasst worden sei, sondern jeweils durch aktuelle Ausfälle von veraltetem Zugmaterial verursacht werde. Von den eigentlich mit zwei Zügen der Baureihe 612 geplanten Fahrten auf der Hochrheinstrecke könnten aus diesem Grund mitunter täglich mehrere Fahrten nur mit einem Wagen ausgestattet werden. Von diesen „Schwächungen“ sei der IRE 3060 als einer der wichtigsten Berufsverkehrszüge am Hochrhein ebenfalls immer wieder betroffen. Der IRE 3060 komme solo von Friedrichshafen und soll in Singen ein zweiter Zugteil beigestellt bekommen.
Für Rita Schwarzelühr-Sutter ist die Enge, die durch die Reduzierung in den Zügen entstehe, inakzeptabel. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie sei das eine Zumutung für die Fahrgäste. Die SPD-Bundestagsabgeordnete sagt: „Wir können den Menschen nicht Abstandsregeln verordnen und sie gleichzeitig auf dem Weg zur Arbeit dicht an dicht sitzen und stehen lassen.“ Sie fordert Bahn und Verkehrsgesellschaft auf, zeitnah Abhilfe zu schaffen.
Die jüngste Ankündigung des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, dass ab Ende 2021 die „Langläufer“-Züge auf der Strecke Waldshut-Singen-Friedrichshafen auf Diesel-Lokomotiven der Baureihe 245 und auf Doppelstockwagen umgestellt werden sollen, wertet sie als Fortschritt, der aber den aktuellen und Bedürfnissen nicht gerecht werde und eindeutig zu spät komme.
Für die Neuauflage des Schienengipfels, wie ihn die CDU gerade vorgeschlagen hat, sieht Rita Schwarzelühr-Sutter keinen wirklichen Bedarf: „Dazu ist eigentlich alles gesagt, wir brauchen fahrende und moderne Züge. Und dass kein Weg an der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke vorbeiführt, war bereits Ergebnis des ersten Schienengipfels, zu dem ich 2017 Vertreter*innen des Landkreises, der Bahn und der Landesregierung eingeladen hatte.“
Das Ziel sei klar, so Schwarzelühr-Sutter weiter: „Bis 2025 muss die Hochrheinschiene elektrifiziert werden. Es kann jedoch nicht sein, dass bis dahin die Menschen in Zügen fahren müssen, bei denen es Glückspiel ist, ob sie überhaupt fahren. Ich bin froh, wenn sich die Situation ab Ende 2021 durch Doppelstockzüge noch einmal verbessern lässt, aber es darf die Frage erlaubt sein, warum hier nicht die Pilotprojekte mit Wasserstoffantrieb über die Hochrheinschiene rollen, sondern wieder bereits gebrauchtes Zugmaterial eingesetzt wird. Wir brauchen jetzt nicht den x-ten Gipfel, sondern es würde reichen, wenn die grün-schwarze Landesregierung ihren Job machen würde.“
Der Rettungsschirm für Reha-Kliniken wird noch einmal größer
/in Allgemein /von Thomas WursterDer Rettungsschirm für die Reha-Kliniken wird noch einmal weiter gespannt. In der zurückliegenden Woche hat der Bundestag das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz beschlossen.
Der mit dem Infektionsschutzgesetz beschlossene Rettungsschirm für Reha-Kliniken wird ergänzt. Für den Zeitraum von Oktober 2020 bis März 2021 können sie pandemiebedingte Mehrkosten bei ihren Krankenkassen geltend machen. Das neue Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GVPG) schafft dafür die rechtliche Grundlage. Davon profitieren auch die Reha- und Vorsorgeeinrichtungen am Hochrhein und im Hochschwarzwald.
Das GVPG sieht vor, dass die Krankenkassen und die Träger der zugelassenen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ihre Vergütungsvereinbarungen vom 1. Oktober 2020 bis zum 31. März 2021 anpassen, um den Veränderungen im täglichen Betrieb Rechnung zu tragen. Dies kann den Ausgleich von Mehraufwänden bei Personal- und Sachkosten sowie fehlender Einnahmen durch pandemiebedingte Minderbelegungen betreffen, die durch die bisher vereinbarten Vergütungen nicht abgebildet werden.
„Ich bin froh, dass wir mit dem GVPG die Finanzierungslücke der Reha-Einrichtungen rückwirkend für den Monat Oktober schließen können“, erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter, die sich für die Verlängerung des Rettungsschirms für Reha-Einrichtungen mit einem Versorgungsvertrag nach § 111 SGB sowie Einrichtungen des Müttergenesungswerks eingesetzt hat, der im September ausgelaufen war. Vergangene Woche hat der Bundestag beschlossen, dass der Bund die Hälfte der Kostenausfälle der Reha-Kliniken für zweieinhalb weitere Monate übernimmt. Die Orientierungsgröße dafür sind die durchschnittlichen Tagespauschalen.
„Neben den Ausgleichszahlungen des Bundes schaffen wir nun zusätzlich eine Verhandlungslösung, die einen Beitrag dazu leisten kann, dass unsere erstklassigen Reha-Einrichtungen nicht in existenzbedrohliche Zahlungsschwierigkeiten geraten“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete aus Waldshut.
Weitere Informationen:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw44-de-gesundheitsversorgung-798170
Novemberhilfen jetzt! Endlich ist der Online-Antrag möglich
/in Allgemein /von Thomas WursterLange hat die vom Corona-Teil-Lockdown besonders betroffene Gastronomie auf die außerordentliche Wirtschaftshilfe des Bundes für den Monat November gewartet. Jetzt ist die Antragstellung über das online-Portal www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de tatsächlich auch möglich.
Für die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter ist die Freischaltung des Online-Antrags das dringend erwartete Signal, dass die angekündigten Finanzhilfen auch wirklich in der Gastronomie und Hotellerie am Hochrhein und im Hochschwarzwald ankommen. „Ich bin sehr erleichtert, dass die Auszahlungen jetzt mit Abschlägen kurzfristig in Gang kommen“, sagt Rita Schwarzelühr-Sutter.
Mit der Novemberhilfe werden Zuschüsse in Höhe von 75 Prozent des vergleichbaren Umsatzes von November 2019 gewährt. Antragsberechtigt sind alle Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb aufgrund der Corona-Pandemie-Beschlüsse des Bundes und der Bundesländer vom 28. Oktober 2020 einstellen mussten. Für dieses Hilfsprogramm nimmt der Bund allein im November etwa 14 Milliarden Euro in die Hand.
„Gastronomie und Hotellerie sind für unsere Tourismusregion und vor allem auch für den Arbeitsmarkt in der ländlichen Gegend unverzichtbar. Unverhältnismäßige wirtschaftliche Härten müssen vermieden werden. In den Fällen, wo Schließungen ganzer Branchen aus Infektionsschutzgründen notwendig sind, halte ich daher finanzielle Hilfen für zwingend notwendig“, so Rita Schwarzelühr-Sutter.
Seit Mittwoch sind für diese Novemberhilfen erste Auszahlungen in Form von Abschlägen möglich. Unternehmen erhalten Abschläge in Höhe von bis zu 50 Prozent ihrer beantragten Summe (maximal aber 10.000 Euro). Die Antragstellung für Unternehmen muss grundsätzlich im Internet und über einen Rechtsanwalt oder Steuerberater erfolgen, der den zu erwartenden Umsatzrückgang und die laufenden Fixkosten bestätigt. Auf diese Weise sind schnelle Antragsbewilligungen möglich und Missbrauchsfälle können besser ausgeschlossen werden.
„Ich setze mich dafür ein, dass parallel das reguläre Auszahlungsverfahren für die Novemberhilfen schnell fertig wird, damit es unmittelbar im Anschluss an die Abschlagszahlungen gestartet werden kann. Wir arbeiten mit Hochdruck an einer rechtssicheren und unbürokratischen Lösung“, versichert die SPD-Bundestagsabgeordnete aus Waldshut.
Weitere Informationen:
https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Navigation/DE/Novemberhilfe/novemberhilfe.html
Rita Schwarzelühr-Sutter – Newsletter 18/2020
/in Allgemein /von Thomas WursterNEUE REGELN FÜR CORONA-SCHUTZMASSNAHMEN
Der Bundestag hat das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz verabschiedet. Wie werden mit dem Gesetz die Grundrechte der Bürger geschützt? Wieviel Mitsprache hat der Bundestag jetzt? Gibt es eine Impfpflicht? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Da die in den Ländern beschlossenen Corona-Schutzmaßnahmen teilweise massiv in die Grundrechte der Bürger*innen eingreifen, hat die SPD-Bundestagsfraktion von Anfang an einen klareren und bundesweit einheitlichen gesetzlichen Rahmen für die Corona-Schutzmaßnahmen der Länder gefordert und in den parlamentarischen Beratungen auch durchgesetzt. Mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz, das am Mittwoch beschlossen wurde, werden dazu Anpassungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgenommen.
Die derzeitige Lage ist in jeglicher Hinsicht außergewöhnlich: Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist eine weitreichende Reduzierung von Kontakten erforderlich, da sich das Virus oftmals symptomfrei und daher zunächst unerkannt weiterverbreitet. Bei wem sich ein schwerer Verlauf entwickelt, lässt sich im Vorwege nicht sagen.
Insbesondere ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen sind darum auf ein solidarisches Handeln der gesamten Gesellschaft angewiesen. Aber auch jüngere Menschen haben teilweise mit massiven Spätfolgen einer COVID-19-Erkrankung zu kämpfen, die es zu verhindern gilt. Den Staat trifft diesbezüglich eine Pflicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zum Schutz von Gesundheit und Leben.
Zur Erfüllung dieser grundgesetzlichen Pflicht ergreifen die Landesregierungen derzeit umfangreiche Schutzmaßnahmen, die eine unkontrollierte Weiterverbreitung des Coronavirus verhindern sollen. Diese sind notwendig, um die zweite Infektionswelle zu brechen, die trotz des erheblich ausgeweiteten Schutzes vulnerabler Gruppe zu einer Zunahme der schweren Verläufe und Todesfälle geführt hat und unser Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit treibt.
Notwendig ist es aber auch, die Maßnahmen kontinuierlich auf ihre Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit hin zu überprüfen. Dabei dürfen nicht nur gesundheitspolitische Ziele eine Rolle spielen, sondern auch die sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Der Bundestag hat die Pflicht, die Regierung zu kontrollieren und den Spielraum, innerhalb dessen sich die Regierung bewegen darf, präzise zu definieren. Genau diese Aufgabe wird mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz erfüllt.
Was wird im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz geändert?
Ziel der Änderungen am Infektionsschutzgesetz ist es, einen effektiveren Grundrechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger, eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Exekutive und mehr Rechtssicherheit im Corona-Krisenmanagement zu erreichen. Hierzu wird in dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz in einem neuen § 28a IfSG konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen, welche Grundrechte wie lange und zu welchem Zweck im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eingeschränkt werden dürfen.
Bislang sah das Gesetz eine sehr weite Generalklausel vor. Dieser Spielraum wird nun durch den Deutschen Bundestag auf Drängen der SPD inhaltlich und prozessual eingeengt und die Bundesregierung dem Bundestag gegenüber einer regelmäßigen Berichtspflicht über die Entwicklung der Pandemie unterworfen.
Darüber hinaus werden Anpassungen im Infektionsschutzgesetz vorgenommen, um die Länder, die Gesundheitsämter, die Krankenhäuser oder die Pflege-, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen bei der Bekämpfung der Pandemie weiter zu unterstützen. Vorbereitet wird außerdem der Start der Impfstrategie zum 16. Dezember, die Testkapazitäten werden erhöht, beispielsweise durch die Einbeziehung der veterinärmedizinischen Labore, und die Überwachung der Impfungen in den Impfzentren wird sichergestellt.
Außerdem werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Krankenhäuser noch im Dezember weitere finanzielle Hilfe erhalten können. Das ist wichtig, weil Krankenhäuser zunehmend COVID-19-Patienten zu behandeln haben und dafür die notwendigen personellen und sachlichen Kapazitäten bereithalten müssen.
Durch welche Änderungen sollen die Grundrechte in der Pandemie geschützt werden?
Statt einer unbestimmten Generalklausel sieht der neue § 28a IfSG nun eine Auflistung von 17 konkreten Maßnahmen vor, die einzeln oder zusammen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen werden können. Diese Maßnahmen wurden auf Grundlage der Erfahrungen der Länder in der Virusbekämpfung ausgewählt (z.B. Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum, Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten, Untersagungen und Beschränkungen von Sportveranstaltungen oder Schließungen oder Beschränkungen des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen).
Das Gesetz legt außerdem fest, welche Maßnahmen mit welcher Eingriffsschwere bei welchem Infektionsgeschehen von den Bundesländern getroffen werden können. Hierdurch schaffen wir einen klareren Rechtsrahmen: Die Landesregierungen erhalten konkretere rechtliche Leitplanken, innerhalb derer sie sich bewegen dürfen, und das Corona-Krisenmanagement wird für die Bürgerinnen und Bürger transparenter gestaltet.
Besonders grundrechtssensible Bereiche wie die Religions- oder Versammlungsfreiheit können nur eingeschränkt werden, wenn eine wirksame Eindämmung des Corona-Virus auf andere Art nicht gewährleistet werden kann. Gleiches gilt für die Anordnung von Ausgangssperren (nach denen das Verlassen der Wohnung nur zu bestimmten Zeiten oder zu bestimmten Zwecken zulässig wäre) oder Besuchsverbote in Einrichtungen wie Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Auch diese Maßnahmen dürfen nur ergriffen werden, wenn kein milderes Mittel erfolgsversprechend ist. Die Schutzmaßnahmen dürfen nicht zur vollständigen Isolation von einzelnen Personen oder Gruppen führen. Ein Mindestmaß an sozialen Kontakten muss immer gewährleistet bleiben.
Außerdem wird klargestellt, dass die Länder bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen auch soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit zu berücksichtigen haben und dass Schutzmaßnahmen nur angeordnet werden können, solange und soweit es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Damit wird der Verordnungsgeber zu einer strikten Wahrung der Verhältnismäßigkeit gezwungen. Detailliert regeln wir auch die Kontaktdatenerhebung: Hier gibt der Bundestag den Landesregierungen vor, dass Daten nur zum Zwecke der Nachverfolgung erhoben werden dürfen und diese spätestens vier Wochen nach Erhebung zu löschen sind.
Eine Verbesserung des Grundrechtsschutzes wird auch durch neue Verfahrensvorschriften erreicht. So müssen die Rechtsverordnungen der Länder, mit denen Corona-Schutzmaßnahmen angeordnet werden, in Zukunft begründet werden. Dies hat nicht nur den ganz großen Vorteil, dass alle Bürgerinnen und Bürger die Erwägungsgründe besser nachvollziehen können.
Es führt auch dazu, dass die jeweilige Landesregierung bei Erlass der Verordnung die Erforderlichkeit der Maßnahmen nochmals eingehend prüfen muss. Die Maßnahmen sind in Zukunft auch grundsätzlich auf zunächst vier Wochen zu befristen und können nur mit einer erneuten Entscheidung der Landesregierung verlängert werden. Befristungen lösen einen neuen Handlungs- und politischen Rechtfertigungsbedarf bei Gesetz- und Verordnungsgeber aus und frischen damit die Legitimation der getroffenen Maßnahmen auf.
Diese Verbesserungen des Grundrechtsschutzes sind entscheidend auf die Initiative der SPD zurückzuführen.
Wie wird eine stärkere Rolle des Bundestages sichergestellt?
Durch den Beschluss des Dritten Bevölkerungsschutzgesetzes gibt der Bundestag den Landesregierungen konkretere rechtliche Leitplanken vor.
Zukünftig muss die Bundesregierung den Bundestag regelmäßig über die Entwicklung der epidemischen Lage unterrichten, was ein wichtiges Instrument der parlamentarischen Kontrolle ist. Ein informiertes Parlament kann kritischere Fragen stellen, konkretere Position beziehen und wenn nötig die Bundesregierung zu einem bestimmten Handeln auffordern oder sogar Entscheidungen der Bundesregierung per Gesetz zurückholen.
In den sozialen Netzwerken ist von einem Ermächtigungsgesetz die Rede, stimmt das?
Der hier gezogene Vergleich ist für uns Sozialdemokratinnen und -demokraten unerträglich. Mit dem Ermächtigungsgesetz begann die Nazi-Diktatur, die im Holocaust endete. Dieser Vergleich ist ein Hohn für alle Opfer des Nationalsozialismus.
Er ist auch inhaltlich falsch: Das Parlament macht den Landesregierungen mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz strengere Vorgaben, als dies bislang der Fall war. Es handelt sich also eher um ein Begrenzungsgesetz. Auch hat das Parlament in den Verhandlungen auf eine Streichung des viel zu weiten § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG gedrungen, der bislang dem Bundesgesundheitsminister weitreichende Befugnisse eingeräumt hatte. Die Befugnisse der Regierung werden also deutlich reduziert.
Es wird auch behauptet, dass alle Corona-Maßnahmen seit März 2020 verfassungswidrig gewesen seien, stimmt das?
Nein. Die Rechtsprechung hat bestätigt, dass zu einer Zeit, in der über Art und Ausmaß der Gefährlichkeit von COVID-19 sowie über die zu ihrer Abwehr ergreifenden Maßnahmen Unklarheit herrscht, zur effektiven Gefahrenabwehr Schutzmaßnahmen zunächst auch auf eine Generalklausel gestützt werden können. Eine solche Generalklausel zum Infektionsschutz findet sich in § 28 IfSG. Hierin hatte der Bundesgesetzgeber bewusst eine offene Formulierung gewählt, um den Infektionsschutzbehörden insbesondere bei einem dynamischen Infektionsgeschehen ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen an die Hand zu geben. Dass § 28 IfSG bislang eine taugliche Rechtsgrundlage war, haben mehrere Oberverwaltungsgerichte bestätigt.
Weil sich jetzt aber abzeichnet, dass die Eingriffe kein kurzfristiges Provisorium mehr darstellen, sondern möglicherweise länger andauern, ist es verfassungsrechtlich notwendig, das Corona-Krisenmanagement auf eine konkretere gesetzliche Grundlage zu stellen, die Vorgaben macht und Grenzen zieht. Dieser Zeitpunkt kam für uns in dem Moment, in dem absehbar war, dass es eine zweite Infektionswelle geben wird.
Stimmt es, dass die Maßnahmen auf Dauer angelegt sind?
Nein. Die Möglichkeit, Schutzmaßnahmen nach § 28a IfSG zu ergreifen, ist an die Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag gekoppelt. Diese ist zunächst befristet bis zum 31.03.2021.
Durch eine Änderung im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz wird für die epidemische Lage nationaler Tragweite nun zudem eine Definition eingefügt, sodass der Bundestag eine weitere Feststellung des Fortbestehens der Lage nur vornehmen kann, wenn entweder die WHO weiterhin eine Pandemie ausgerufen hat oder eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in Deutschland stattfindet. Das Vorliegen dieser Parameter ist rechtlich überprüfbar. Entgegen vieler Behauptungen in den sozialen Medien würde dieses Kriterium auch keine „Schnupfen“-Pandemie erfüllen. Vielmehr ist in § 2 Abs. 3a IfSG als bedrohliche übertragbare Krankheit eine übertragbare Krankheit zu verstehen, die auf Grund klinisch schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit verursachen kann. Eine von einer Pandemie losgelöste Grundrechtsbeeinträchtigung kann es darum nicht geben.
Außerdem schreiben wir wie schon ausgeführt den Landesregierungen vor, dass deren Rechtsverordnungen nur befristet erlassen werden dürfen.
Stimmt es, dass es eine Impfpflicht geben soll?
Nein. Eine Impfpflicht wird im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz nicht geregelt und ergibt sich auch nicht mittelbar aus dem Gesetz. Richtig ist, dass die Bundesregierung in § 36 Abs. 10 IfSG eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung erhält, in der Personen, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und die einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt waren, zur Vorlage einer Impfdokumentation verpflichtet werden können.
Das heißt aber nicht, dass ungeimpfte Personen, beispielsweise Deutsche, die in Risikogebieten Urlaub machen wollen oder gemacht haben, nicht wieder einreisen dürften, ohne sich „zwangsimpfen“ zu lassen. Für diese Einreisenden gelten dann aber weiter die Sicherheitsbestimmungen wie Quarantäne und Testpflicht. Das gilt für Menschen, die über eine Schutzimpfung verfügen, dann selbstverständlich nicht.
Voraussichtlich ab Dezember wird in Deutschland ein SARS-CoV-2-Impfstoff zunächst in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, auf den dann, in einem ersten Schritt für bestimme Bevölkerungsgruppen, ein Anspruch besteht. Durchgeführte Impfungen müssen, wie alle anderen Schutzimpfungen auch, gemäß § 22 IfSG in den Unterlagen des impfenden Arztes und in einem persönlichen Dokument dokumentiert werden (Impfausweis, Impfbescheinigung, Impfzertifikat, Impfpass, certificate of vaccination, immunization card, vaccination card). Bei Einreise muss das zuständige Gesundheitsamt Klarheit darüber haben, ob die eingereiste Person über einen Impfschutz verfügt oder nicht. Das Gesundheitsamt muss ja auch wissen, ob die Person getestet worden ist oder nicht. Davon hängen gegebenenfalls notwendige Schutzmaßnahmen ab.
Sollte die Bundesregierung eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen, wäre diese zudem an das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite in § 5 IfSG geknüpft und würde außer Kraft treten, wenn die Lage nicht mehr besteht. Es wird noch einmal ganz klargestellt: Mir dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz wird ein Anspruch auf die Schutzimpfung geregelt. Eine Impfpflicht ergibt sich hieraus nicht. Eine Impfpflicht stand und steht nicht zur Debatte, eine solche will niemand.
Stimmt es, dass mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz der Einsatz der Bundeswehr im Innern geregelt wird?
Nein. Auch im bisher geltenden Infektionsschutzgesetz gab es die angesprochene Vorschrift, § 54 a IfSG „Vollzug durch die Bundeswehr“, bereits. Hier geht es nicht darum, dass die „Bundeswehr im Rahmen einer Pandemie in Deutschland gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt“ werden soll.
Die Vorschrift richtet sich ausschließlich nach innen, in die Bundeswehr hinein. Zweck der Vorschrift ist es, den Infektionsschutz von Soldatinnen und Soldaten zu gewährleisten. Für den Infektionsschutz der Soldatinnen und Soldaten sind nicht die öffentlichen Gesundheitsämter, sondern ist die Bundeswehr selbst zuständig.
Die Anpassung des § 54a IfSG war notwendig, um Zuständigkeitsfragen innerhalb der Bundeswehr z.B. im Zusammenhang mit landkreisübergreifenden Übungen sowie für Angehörige ausländischer Streitkräfte und für Soldatinnen und Soldaten außerhalb ihrer Dienstausübung zu klären. Die Regelungen dienen dazu, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr auch während einer Pandemie aufrechtzuhalten.
Die Besonderheiten des militärischen Auftrages erfordern besondere Maßnahmen (z.B. Quarantäne vor oder nach einem Auslandseinsatz), die von den zuständigen Stellen der Bundeswehr mit den öffentlichen Gesundheitsbehörden abgestimmt werden müssen.
"DIESE DESTRUKTION HAT SYSTEM"
Die SPD-Fraktion hat die Störungen durch von Abgeordneten der AfD-Bundestagsfraktion in das Reichstagsgebäude eingeschleusten Personen auf das Schärfste verurteilt.
Nach den Störungen durch von Abgeordneten der AfD-Bundestagsfraktion in das Reichstagsgebäude eingeschleusten Personen hat die SPD-Fraktion diese aufs Schärfste verurteilt. In einer Aktuellen Stunde, die am Freitagmorgen dazu im Bundestag einberufen wurde, bezeichnete Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, die Vorfälle als Teil eines Systems. „Das, was wir an diesem Mittwoch erlebt haben, das war kein Einzelfall, der zufällig passiert ist, weil man unachtsam gewesen ist bei der Überprüfung derjenigen, die man als Gäste mit in den Bundestag nehmen darf“. Diese Rechtfertigung, die er gerade von Herrn Gauland gehört habe, sei scheinheilig. „Das, was hier am Mittwoch stattgefunden hat, passte in das System, wie die AfD hier im Deutschen Bundestag auftritt, es war wieder einmal eine bewusste Grenzüberschreitung in voller Absicht“, so Wiese.
Während der Bundestagsdebatte zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes waren am Mittwoch auf den Fluren des Reichstagsgebäudes Abgeordnete von Besuchern bedrängt, belästigt, gefilmt und beleidigt worden. Mehrere Besucher waren von drei AfD-Abgeordneten eingeladen worden.
Die SPD-Abgeordnete Susann Rüthrich sagte: „Wir sind ein offenes, ein demokratisches, ein transparentes Haus, wie unsere Gesellschaft auch, und es sind Mitglieder dieses Hauses und ihre Mitarbeiter, die diese Offenheit sabotieren. Diese Destruktion hat System“. Aus den Reihen der AfD-Fraktion höre man nicht nur Reden, die voller Verachtung seien, man sehe auch diese Taten. Rüthrich appellierte an die Wählerinnen und Wähler: „Wenn Sie, verehrte Bürgerinnen und Bürger, die Demokratie wahren wollen, dann können Sie diese Destrukteure nicht wählen“.
Die AFD-Abgeordneten hätten zu nichts eine Lösung beizutragen, würden aber auf allen Ebenen diejenigen am Arbeiten hindern, die ernsthaft um Lösungen ringen. „Rechtsextreme wollen nicht dafür gewählt werden, um für das Gelingen der Demokratie zu sorgen, sondern um deren Scheitern herbei zu fantasieren, und dann alles dafür zu tun.“, so Rüthrich.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, hatte bereits zuvor zu rechtsstaatlicher Härte gegen die AfD aufgerufen und deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz begrüßt. „Die Demokraten müssen auf rechtsstaatlichem Wege Härte gegenüber den Feinden unserer parlamentarischen Demokratie zeigen“, sagte Schneider. „Bei den Vorfällen in der Bundestagssitzung und drumherum hat die AfD am Mittwoch erneut ihre anti-demokratische Fratze gezeigt. Sie steht nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes“, sagte Schneider. „Es ist deshalb auch richtig, dass es eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz gibt.“ Ziel der AfD sei es gewesen, den Bundestag und die Abgeordneten in ihrer Arbeit zu diskreditieren und das Parlament als Bühne für Propaganda zu benutzen.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erwägt nach den Störungen juristische Schritte gegen die Beteiligten. Er habe die Verwaltung gebeten, „alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, gegen die Täter und diejenigen vorzugehen, die ihnen Zugang zu den Liegenschaften des Bundestages verschafft haben“, heißt es in einem Schreiben Schäubles an alle Abgeordneten.
In der Aktuellen Stunde am Freitag wandte sich die SPD-Abgeordnete Barbara Hendricks mit klaren Worten direkt an die Abgeordneten der AfD: „Wir wissen, dass in Ihren Reihen Nazis sind. Und wir wissen, dass in Ihren Reihen Menschen sind, die so tun, als seien sie Nazis. Um der Provokation willen“. Hendricks zitierte den Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde aus dem Jahr 1976: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“. Die SPD-Abgeordnete wandelte dieses Zitat dann in folgende Worte ab: „Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat ist gefährdet. Wenn eine kleine, aber lautstarke Minderheit an diesen Voraussetzungen nicht nur nicht mitwirken will, sondern andere daran hindern will, diese Voraussetzungen unserer Demokratie zu stärken, werden dies die Demokraten in diesem Parlament nicht zulassen.“
SO BEHALTEN WIR DIE FOLGEND DER PANDEMIE IM GRIFF
Im Herbst ist die Zahl die Zahl der Corona-Neuinfektionen wieder gestiegen. Corona-Schutzmaßnahmen sollen diese Dynamik unterbrechen. Was hat die Politik in den letzten Wochen beschlossen, um die Pandemie und ihre Folgen im Griff zu behalten? Ein Überblick.
Nach einem moderaten Infektionsgeschehen im Sommer hat die Ausbreitung des Corona-Virus im Herbst wieder erheblich zugenommen – mit einer steilen Kurve nach oben. Auch die Zahl der belegten Intensivbetten hat sich in den letzten Wochen vervielfacht. Immer häufiger kommt es zur diffusen Ausbreitung von Corona-Infektionen, ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar sind. Viele Gesundheitsämter sind an ihrer Kapazitätsgrenze und können Kontakte nicht mehr nachverfolgen. Wenn diese Dynamik nicht gebrochen wird, stößt unser Gesundheitssystem in kurzer Zeit an die Belastungsgrenze.
Das wirkungsvollste Mittel im Kampf gegen das Virus ist das besonnene Verhalten der Bürgerinnen und Bürger. Der Umgang unserer Gesellschaft mit der Pandemie ist in hohem Maße geprägt von Verantwortung und gegenseitiger Rücksichtnahme. Insbesondere ältere Menschen und chronisch Kranke sind auf diese Solidarität angewiesen.
Stärkung des Gesundheitswesens
Mit vier Milliarden Euro unterstützt der Bund die Schaffung von 5000 neuen Stellen für Amtsärzte und andere Fachkräfte in den Gesundheitsämtern. Außerdem wurde ein »Zukunftsprogramm Krankenhäuser« für Investitionen in Kliniken beschlossen. Drei Milliarden Euro kommen aus dem Bundeshaushalt, eine Milliarde Euro von den Bundesländern und Krankenhausträgern.
Kontakte reduzieren
Um eine akute Gesundheitsnotlage zu verhindern, müssen die sozialen Kontakte erheblich reduziert werden. Nur so lässt sich das Infektionsgeschehen bremsen. Bund und Länder haben zunächst für November verschiedene Maßnahmen beschlossen, um die Ausbreitung des Virus zu dämpfen. Neben Kontaktbeschränkungen
gehört dazu auch die vorübergehende Schließung von Freizeiteinrichtungen und Gastronomiebetrieben. Schulen und Kindergärten sollen aber geöffnet bleiben. Auch das Wirtschafts- und Berufsleben soll weiterlaufen.
Rechtssicherheit von Schutzmaßnahmen
Maßnahmen, die Bund und Länder zum Schutz der Gesundheit verordnen, greifen in Grundrechte ein. Da absehbar ist, dass die pandemische Lage noch länger andauern könnte, hat die SPD-Fraktion durchgesetzt, dass die Voraussetzungen und Grenzen von grundrechtseinschränkenden Maßnahmen gesetzlich präzisiert werden. Das schafft Rechtssicherheit und mehr Transparenz. Klar ist, dass solche Maßnahmen immer geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein müssen.
Außerordentliche Wirtschaftshilfe
Seit Juni gibt es eine Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen. Sie können mit Zuschüssen für betriebliche Fixkosten unterstützt werden, wenn sie ihren Geschäftsbetrieb wegen der Pandemie einstellen oder stark einschränken mussten. In der zweiten Phase von September bis Dezember 2020 wurde das Programm noch einmal ausgeweitet. Inzwischen steht fest, dass das Programm in einer dritten Phase bis Mitte 2021 verlängert wird. Außerdem soll es spezielle Unterstützungsmaßnahmen vor allem für die Kultur-, Reise- und Veranstaltungsbranche geben. Soloselbständige, die keine anderen Fixkosten geltend machen können, aber auch hohe Umsatzeinbußen haben, erhalten ab Januar eine pauschale »Neustarthilfe« von bis zu 5000 Euro, die auch direkt beantragt werden kann.
Für die Zeit der vorübergehenden Schließungen ab Anfang November 2020 wurde darüber hinaus eine außerordentliche Wirtschaftshilfe aufgelegt. Damit werden gezielt Unternehmen, Selbständige, Vereine und Einrichtungen unterstützt, die von den Schließungen direkt oder indirekt betroffen sind. Konkret werden Zuschüsse pro Woche der Schließung in Höhe von 75 Prozent des wöchentlichen Umsatzes im November 2019 gewährt. Das hilft beispielsweise Restaurants, Kneipen und Hotels, aber auch öffentlichen Einrichtungen wie kommunalen Theatern oder Schwimmbädern.
Kurzarbeitergeld verlängert
Das Kurzarbeitergeld sichert Millionen Arbeitsplätze. Die Sonderregelungen, die im Zuge der Corona-Pandemie eingeführt wurden, werden ins nächste Jahr hinein verlängert. Auch 2021 gilt: Kurzarbeitergeld kann einfacher und länger in Anspruch genommen werden. Wer länger in Kurzarbeit ist, bekommt mehr Geld.
Erleichterter Zugang zur Grundsicherung
Schon im Frühjahr hat die Koalition den Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie zur Sozial-hilfe erleichtert. Insbesondere Kleinunternehmer und Solo-Selbständige mit hohen Einnahmeausfällen können einfacher finanzielle Unterstützung vom Staat bekommen. Diese Regelung wurde jetzt bis Ende März 2021 verlängert.
Die Vermögensprüfung ist dabei weitgehend ausgesetzt. Sie findet nur statt, wenn jemand über mehr als 60.000 Euro Vermögen verfügt, das kurzfristig verwertbar ist. Für jede weitere Person im Haushalt erhöht sich dieser Betrag um 30.000 Euro. Auch Altersvorsorgeanlagen bleiben unberücksichtigt.
Unterstützung für berufstätige Eltern
Für Eltern, die nicht arbeiten können, weil Kitas oder Schulen schließen müssen, wurde ein Anspruch auf Entschädigung im Infektionsschutzgesetz geschaffen. Beide Elternteile können damit unter bestimmten Voraussetzungen jeweils für bis zu zehn Wochen (Alleinerziehende bis zu 20 Wochen) 67 Prozent des Nettoeinkommens erhalten. Die Regelung wurde nun bis Ende März 2021 verlängert. Außerdem wurde der Anspruch auf Fälle erweitert, bei denen sich ein Kind wegen Corona in Quarantäne befindet.
Wenn Kinder krank sind, haben berufstätige Mütter und Väter in bestimmten Fällen Anspruch auf Kinderkrankengeld als Lohnersatzleistung von ihrer Krankenversicherung. Die Bezugszeit des Kinderkrankengeldes wurde für 2020 für jeden Elternteil von 10 auf 15 Tage erhöht (für Alleinerziehende auf 30 Tage).
Akut-Hilfe für pflegende Angehörige
Viele Menschen müssen sich wegen der Corona-Pandemie verstärkt um pflegebedürftige Angehörige kümmern. Sie erhalten dabei akute Hilfe und flexible Unterstützungsangebote. Wer coronabedingt Angehörige pflegt und erwerbstägig ist, hat bis zum 31.12.2020 das Recht, bis zu 20 Arbeitstage der Arbeit fernzu-bleiben.
Sie erhalten bis zu 20 Arbeitstage lang Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz und damit doppelt so lange wie üblich.
Handlungsfähigkeit von Unternehmen und Verbänden
Damit Unternehmen, Vereine und Stiftungen weiterhin beschlussfähig und somit handlungsfähig sind, wurden die vorübergehenden Erleichterungen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.
Vorbereitungen für Impfungen haben begonnen
Sobald ein erster Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zugelassen ist, soll möglichst sofort mit den Impfungen begonnen werden. Verträge über den Bezug des Impfstoffes von Biontech sind geschlossen. Die Kosten trägt der Bundeshaushalt. Mit den Ländern gibt es eine Vereinbarung über den Aufbau von bundesweit 60 Impfzentren, und es ist geklärt, welchen Bevölkerungs-gruppen die Impfungen zuerst angeboten werden. Die Impfungen werden auf jeden Fall freiwillig sein.
AUF DAS KURZARBEITERGELD BLEIBT VERLASS
Das Kurzarbeitergeld sichert Arbeitsplätze. Auch im nächsten Jahr gilt: Kurzarbeitergeld kann einfacher und länger in Anspruch genommen werden. Wer länger in Kurzarbeit ist, bekommt mehr Geld.
Das Kurzarbeitergeld sichert Millionen Arbeitsplätze in Zeiten der Pandemie. Es baut sowohl für Beschäftigte als auch für Unternehmen Brücken über die Zeit der Krise. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und die SPD-Bundestagsfraktion haben gleich zu Beginn der Pandemie dafür gesorgt, dass das Kurzarbeitergeld leichter in Anspruch genommen werden kann. Außerdem wurde der Bezug auf bis zu 24 Monate verlängert, das Kurzarbeitergeld erhöht und Hinzuverdienstmöglichkeiten erweitert.
Nachdem die Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit im April 2020 eine Höchstmarke von rund sechs Millionen erreicht hatte, nahm der Arbeitsausfall über die Sommermonate wieder ab und lag im August bei 2,58 Millionen. Doch der Anteil an Beschäftigten in Kurzarbeit ist immer noch hoch. Und auch angesichts wieder steigender Infektionszahlen ist klar, dass wir das Kurzarbeitergeld weiterhin brauchen. Da die Sonderregelungen Ende 2020 ausgelaufen wären, hat der Bundestag mit dem Beschäftigungssicherungsgesetz nun Anschlussregelungen für das nächste Jahr beschlossen. Beschäftige und Unternehmen erhalten damit Planungssicherheit über den Jahreswechsel hinaus.
Konkret sieht das Gesetz folgende Regelungen vor:
Parallel dazu wird über Verordnungen geregelt, dass Kurzarbeitergeld auch im nächsten Jahr leichter in Anspruch genommen und länger bezogen werden kann.
3,5 MiILLIARDEN EURO FÜR DIE GANZTAGESBETREUUNG
Mit dem Ganztagsfinanzierungsgesetz werden die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch Schulkinder bis in den Nachmittag betreut werden können.
Ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt besteht für Kinder ein Rechtsanspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Ein vergleichbarer bundesweiter Anspruch für Kinder im Grundschulalter existiert aber bislang noch nicht. Berufstätige Eltern von Grundschulkindern stehen deshalb nicht selten vor einem Problem: Wer kümmert sich nach Schulschluss um ihr Kind? Das soll sich ändern: Mit dem Ganztagsfinanzierungsgesetz, das der Bundestag beschlossen hat, sollen die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Kinder im Grundschulalter ab 2025 bis in den Nachmittag betreut werden.
Für den Ausbau verlässlicher und bedarfsgerechter Bildungs- und Betreuungsangebote war bereits im Koalitionsvertrag vorgesehen, dass der Bund die Länder mit zwei Milliarden Euro fördert und hierfür ein Sondervermögen in entsprechender Höhe einrichtet. Im Zuge des Konjunkturpakets wurde darüber hinaus vereinbart, dass der Ausbau der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote mit weiteren Bundesmitteln in Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Euro gefördert werden soll.
„Für uns ist eine gute Ganztagsschule eine Frage der Gerechtigkeit. Sie erhöht die Bildungschancen aller Kinder und sie erhöht die Chancengleichheit. Der soziale Hintergrund entscheidet in der Ganztagsschule weniger über den Bildungserfolg, als ohne Ganztag. Eltern können Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren“, sagt der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek.
Der im Koalitionsvertrag für 2025 vereinbarte Rechtsanspruch selbst wird nach einer abschließenden Einigung zwischen Bund und Ländern in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht.
Über die konkreten Schritte dahin wird derzeit mit den Ländern verhandelt.
Vereinbart worden ist, dass die Betreuung für die Kinder von Klasse 1 bis 4 an fünf Tagen in der Woche, acht Stunden am Tag gesichert werden muss, inklusive einer verlässlichen Ferienbetreuung und maximal vier Wochen Schließzeit im Jahr.
Familienministerin Franziska Giffey zufolge wird auch ein Stufenmodell ab 2025, bei dem man Schritt für Schritt mehr Klassenstufen einbezieht, diskutiert. „Das Entscheidende ist, dass wir damit beginnen, denn der Bedarf bei den Eltern ist da. Auch für die Erwerbsquote von Frauen ist eine gute Kinderbetreuung ein echter Gamechanger“, sagt Giffey.
Nun wird es darum gehen, zügig in kindgerechte Räume und vor allem auch in kompetentes Personal zu investieren. Eine gute Ganztagsförderung braucht Strukturen, in denen Kinder- und Jugendhilfe sowie Schule gut und auf Augenhöhe zusammenarbeiten können.
Die SPD-Bundestagsfraktion ist überzeugt: Eine Ganztagsbetreuung, die Bildung, Erziehung und Betreuung zusammendenkt, ist ein wichtiger Baustein für mehr Chancengerechtigkeit und eine notwendige Entlastung für Familien bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
REFORM FÜR EIN MODERNES INSOLVENZRECHT
Unternehmen, die infolge der Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, sollen mit einem neuen Rechtsrahmen Insolvenzen abwenden können.
Der Regierungsentwurf für eine Reform des Sanierungs- und Insolvenzrechts, der in dieser Woche in die 1. Lesung ging, sieht die Einführung eines Rechtsrahmens für Restrukturierungen vor, mit dem Insolvenzen abgewendet werden können. Davon können insbesondere auch Unternehmen Gebrauch machen, die infolge der Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Der Entwurf beinhaltet zugleich eine weitreichende Fortentwicklung des geltenden Sanierungs- und Insolvenzrechts.
Unternehmen sollen sich unter anderem auf der Grundlage eines von Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans sanieren können. Ebenso soll noch nicht zahlungsunfähigen Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt werden, die Verhandlungen zu dem Plan selbst zu führen und den Plan selbst zur Abstimmung zu stellen.
Für die von der Pandemie betroffenen Unternehmen werden nach Inkrafttreten des Gesetzes weitergehende Erleichterungen geschaffen: Sie unterliegen ab dem 1. Januar 2021 zwar wieder der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung. Allerdings wird der Überschuldungsprüfung künftig ein gelockerter Maßstab zugrunde gelegt, der auf die derzeitigen Prognoseunsicherheiten Rücksicht nimmt.
Information für die Menschen am Hochrhein und im Hochschwarzwald