Auch 2018 wurde der gesetzlich festgelegte Grenzwert für Stickstoffdioxid im Jahresmittel in vielen deutschen Städten überschritten. Nun drohen in mehreren deutschen Städten Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge.
Der Grenzwert für Stickstoffdioxid schützt die Gesundheit der Menschen, die in diesen Gebieten wohnen und leben. Es muss deshalb jetzt darum gehen, die Luft rein zu halten und die Mobilität der Menschen zu ermöglichen, die sich täglich in diesen Städten bewegen. Beides muss vereinbar sein.
Dazu hat die SPD-Fraktion am Dienstag ein Positionspapier beschlossen, das anhand von fünf Punkten ein Lösungskonzept beinhaltet:
1. Pakt für Nachrüstung – Entwicklungskosten für mittelständische Zulieferer fördern
Damit Fahrverbote für die Dieselfahrerinnen und -fahrer so weit wie möglich verhindert werden können, ist neben den bisher gewährten Umtauschprämien auch die technische Nachrüstung auf Kosten der Automobilhersteller (bis zu 3000 Euro pro Fahrzeug) wie zum Beispiel in Stuttgart erforderlich. Ziel ist, dass die Hersteller von technischen Nachrüstsets die technische Nachrüstung im Herbst 2019 für die Volumen-Modelle am Markt anbieten.
Dazu muss es verbindliche Absprachen der Automobilhersteller mit den mittelständischen Unternehmen geben, die an der Entwicklung von technischen Nachrüstsets arbeiten. Die SPD-Abgeordneten erwarten von allen Automobilherstellern, dass sie den Mittelständlern alle notwendigen technischen Informationen zu den Fahrzeugtypen zur Verfügung stellen und darüber hinaus ihren Vertragswerkstätten ermöglichen, Euro-5-Dieselfahrzeuge nachzurüsten. Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen eines Paktes für technische Nachrüstung eine entsprechende belastbare Vereinbarung mit den Automobilherstellern und Nachrüstfirmen zu treffen.
2. Ausnahme für Euro-5-Fahrzeuge bei Diesel-Fahrverboten bis zur Marktreife der technischen Nachrüstung
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird aufgefordert, gegenüber den Umweltbehörden der Länder schriftlich klarzustellen, dass unter Beachtung des Gesundheitsschutzes die tatsächliche Verfügbarkeit der technischen Nachrüstung zu berücksichtigen ist. Die rechtliche Grundlage wird der Bundestag im Rahmen der 13. Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes schaffen.
3. 365-Euro-Jahresticket für Busse und Bahnen
Pendler müssen weiterhin morgens zur Arbeit und abends wieder nach Hause kommen. Um Mobilität weiterhin sicherzustellen, setzt die SPD-Fraktion laut Beschluss auch auf die Nutzung von Bussen und Bahnen sowie E-Carsharing-Fahrzeuge und E-Leihfahrräder als Alternative.
Und um eine weitere bezahlbare Alternative bieten zu können, will die SPD-Fraktion im Rahmen des bestehenden Haushaltsvolumens aus dem Sofortprogramm „Saubere Luft“ die betroffenen Städten dabei unterstützen, ein „365-Euro-ÖPNV-Jahresticket“ anzubieten. Es soll sich nicht nur auf den Stadtkern beschränken, sondern insbesondere den Pendlerinnen und Pendlern aus dem Umland eine Alternative bieten.
Zusätzlich sollte den Kommunen die Option eröffnet werden, das Jahresticket als Mobilitätspass für E-Carsharing-Fahrzeugen, E-Leihfahrrädern und Mobilitätsportalen zu erweitern.
4. Potential synthetischer Diesel-Kraftstoffe heben
Synthetischer Dieselkraftstoff verbrennt sauberer als herkömmlicher Dieselkraftstoff und hat Potential, weniger Stickoxide freizusetzen.
Die SPD-Abgeordneten fordern dem Beschluss zufolge die Bundesregierung auf, in Zusammenarbeit mit den Herstellern und der Automobilindustrie zu ermitteln, welche Minderungspotentiale bei Stickoxiden bestehen und wie die wirtschaftliche Produktion, der Verkauf und die Verwendung von nachhaltig und umweltfreundlich hergestellten synthetischen Kraftstoffen ermöglicht werden kann.
5. Standorte der Messstellen und Vereinheitlichung der Messmethoden prüfen
In der öffentlichen Diskussionen wurde im Zusammenhang mit der Stickstoffdioxidbelastung die Lage der Probenahmestellen thematisiert. Ebenso wird über die im Rahmen des EU-Rechts möglichen verschiedenen Messmethoden, die deutschlandweit sehr unterschiedlich angewandt werden, diskutiert. Beides führt zu Unsicherheiten.
Die SPD-Fraktion begrüßt, dass das SPD-geführte Bundesumweltministerium Schritte eingeleitet hat, die Lage der Messstellen zu begutachten, um Zweifel an der sach- und rechtskonformen Positionierung auszuräumen. Ergebnisse werden im ersten Halbjahr 2019 erwartet. In NRW ist dies bereits geschehen. Im Ergebnis wurde vom TÜV Rheinland nachgewiesen, dass alle Stationen den rechtlichen Anforderungen entsprechen.
In Bezug auf die Messmethoden halten es die SPD-Abgeordneten für geboten, diese und den Bedarf für eine bundesweite Vereinheitlichung zu überprüfen und die methodische Vorgehensweise transparent darzustellen. So entsteht Klarheit für alle.
Nachrüstung Schub geben
Sören Bartol, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, fasst zusammen: „Wir wollen der technischen Nachrüstung von Dieselfahrzeugen den entscheidenden Schub geben. Damit Dieselfahrer ihre Autos zügig in den Werkstätten nachrüsten können, schlagen wir vor, mittelständische Anbieter finanziell bei der Entwicklung der Technik zu unterstützen.
Außerdem wollen wir Dieselfahrern in Städten mit flächendeckenden Fahrverboten neben dem Umtausch und der technischen Nachrüstung eine dritte Möglichkeit bieten: Mit einem Jahresticket zum symbolischen Preis von 1 Euro pro Tag für Busse und Bahnen sollen Dieselfahrer darin unterstützt werden, alternativ auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.“