Am Freitag hat der Bundestag in 2./3. Lesung das Qualifizierungschancengesetz verabschiedet (Drs. (19/4948; 19/5419).
Dieses Gesetz ist ein Herzensanliegen der SPD-Bundestagsfraktion. Denn damit sorgt die Koalition dafür, dass Beschäftigte, die von der Digitalisierung betroffen sind, Weiterbildungschancen haben, um am Ball zu bleiben – unabhängig von Qualifikation, Alter und Betriebsgröße.
Das Gesetz gibt wichtige Antworten auf den digitalen Strukturwandel, in dem es einen umfassenden Zugang zur Weiterbildungsförderung der Bundesagentur für Arbeit eröffnet: Nach Unternehmensgröße gestaffelt, werden Weiterbildungskosten übernommen. Engagieren sich die Sozialpartner in Sachen Weiterbildung, so wird das bei der Höhe der Zuschüsse positiv berücksichtigt.
Im Einzelnen: Beschäftigte erhalten künftig grundsätzlich Zugang zur Weiterbildungsförderung auch unabhängig von Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße, wenn sie als Folge des digitalen Strukturwandels Weiterbildungsbedarf haben oder in sonstiger Weise von Strukturwandel betroffen sind. Der Ausbau der Förderung richtet sich auch an diejenigen, die eine Weiterbildung in einem Engpassberuf anstreben.
Darüber hinaus werden die Förderleistungen verbessert: Neben der Zahlung von Weiterbildungskosten werden die Möglichkeiten für Zuschüsse zum Arbeitsentgelt bei Weiterbildung erweitert. Beides ist grundsätzlich an eine Kofinanzierung durch den Arbeitgeber gebunden und in der Höhe abhängig von der Unternehmensgröße.
Ausbau zur Arbeitsversicherung
Das Qualifizierungschancengesetz ist ein erster konkreter Schritt zur aktiven Gestaltung des Wandels in der Arbeitswelt im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie. Die SPD-Bundestagsfraktion will arbeitsmarkt- und bildungspolitische Instrumente besser verzahnen und Weiterbildungsprogramme von Bund und Ländern bündeln. Mit dem Ausbau der Weiterbildungsförderung für alle Beschäftigten im Rahmen dieser Qualifizierungsoffensive stellen die Abgeordneten daher die Weichen für eine Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung hin zu einer Arbeitsversicherung – was ein wichtiges Ziel der SPD-Bundestagsfraktion ist.
Andrea Nahles, SPD-Fraktionschefin, sagt: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen neue Chancen und Sicherheit in der Digitalisierung. Deshalb öffnen und erleichtern wir den Zugang zu Qualifizierungsmöglichkeiten im Beruf und verbessern den Zugang zum Arbeitslosengeld I für diejenigen, die immer wieder nur kurz Arbeit finden. Das ist Politik für ein solidarisches Land.“
Mehr Sicherheit für kurz Beschäftigte
Noch etwas wird mit dem Gesetz verbessert: soziale Sicherheit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen in neuen, flexiblen Arbeitsformen mehr Schutz durch den Sozialstaat. Die Koalition baut daher den Schutz durch die Arbeitslosenversicherung aus.
Durch den erleichterten Zugang zum Anspruch auf Arbeitslosengeld, insbesondere für diejenigen, die häufig nur für kurze Dauer Arbeit haben (zum Beispiel Saisonarbeiter), wird es zukünftig mehr Sicherheit geben. Wer innerhalb von 30 Monaten mindestens zwölf Monate Versicherungszeiten nachweist, hat künftig einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. In der bisher geltenden Frist von 24 Monaten war das für oft kurzfristig Beschäftigte schwer zu erreichen.
Ergänzt wird das durch eine optimierte Regelung, die im Volksmund als Künstlerregelung bezeichnet wird: In Zukunft werden auch Beschäftigungen berücksichtigt, die auf nicht mehr als 14 Wochen statt bisher zehn Wochen angelegt sind. Auch werden höhere Verdienste als bisher berücksichtigt. Durch beide Regelungen wird mehr Menschen der Zugang zum Arbeitslosengeld eröffnet.
Außerdem senkt die Koalition den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung dauerhaft um 0,4 Prozentpunkte, für die nächsten vier Jahre per Verordnung sogar um 0,5 Prozentpunkte. Damit entsteht eine gute Balance zwischen Beitragsentlastung, Krisenrücklagen und verbesserten Versicherungsleistungen. Das bedeutet, dass vom 1. Januar 2019 an der Arbeitslosenversicherungsbeitrag nicht mehr 3 Prozent des Bruttolohnes, sondern nur noch 2,5 Prozent betragen wird.
Betriebsräte auch in der Luft
Ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen erweitert den Gesetzentwurf zu einem sogenannten Omnibusgesetz. So ist an den Ursprungsentwurf nun noch eine Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes und eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes angehängt worden.
Die Alterssicherung der Landwirte musste nach Abschaffung der Hofabgabeklausel neu justiert werden.
Und mit der Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes will die Koalition erreichen, dass auch Beschäftigte im Flugbetrieb der Luftfahrtunternehmen (Kabinenpersonal) einen Betriebsrat gründen können. Diese Änderung findet übrigens breite Unterstützung auch in den anderen Fraktionen: Airline-Beschäftigten in Cockpit und Kabine wird per Gesetz garantiert, dass sie einen Betriebsrat wählen können. Diese Sicherheit gibt es für Flugpersonal bislang nur, wenn ein entsprechender Tarifvertrag abgeschlossen wird. Dadurch haben Arbeitgeber faktisch ein Veto-Recht bei der Mitbestimmung: kein Tarifvertrag, kein Betriebsrat. Die Initiative ist auch eine Reaktion auf Kritik an den Arbeitsbedingungen in einigen Luftfahrtunternehmen, etwa bei Ryanair.